World Games 2017 Finale Deutschland Schweiz | Bildquelle: Rouven Schönwandt/Faustballbilder.de
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Wie die Ballsportart begeistert

Faustball - bald olympisch?

Faustball mit dem Potenzial, eine olympische Sportart zu werden

Die deutsche Nationalmannschaft Faustball ist seit 2013 amtierender Titelverteidiger und damit ein fester Bestandteil bei den World Games, dessen Popularität nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit zunimmt.

Nicht zuletzt bei den World Games 2017 schauten 300.000 Zuschauerinnen und Zuschauer das Finale Deutschland gegen die Schweiz. Damit sorgte die Sportart Faustball bei Sport1 in der Live-Übertragung für Bestquoten.

Der Siegesjubel nach einem hart erkämpften Spiel um den Titel bei den World Games 2017.

Deutschland dominiert bei den World Games

Was für ein Finale. Der Matchball zum World Games Titel für Deutschland 2017 im Replay.

Das Faustball-Nationalteam führt im ewigen Medaillenspiegel. Bereits sechs Mal gewann Deutschland Gold sowie zweimal Bronze. Lediglich 2009 stand das Faustball-Herren-Nationalteam mal nicht auf dem Treppchen. Das zeigt, dass Deutschland als dreifacher Weltmeister bei den World Games im Faustball dominiert und sich bisher immer zu den sechs qualifizierten Mannschaften zählte. Ab 2022 werden erstmals acht Teams bei den World Games an den Start gehen.

 

Die Sportart Faustball

Die Sportart, bei der es zu Beginn nach einer Mischung aus Volleyball, Fußball und Handball aussieht, ist nicht irgendeine neuartige Ballsportart. Faustball gehört zu den ältesten Sportarten der Welt. Sie wird auch als "Lifetime-Sportart" bezeichnet, da Faustball ohne gegnerischen Kontakt stattfindet und deshalb das Verletzungsrisiko besonders gering ist. Die Sportart wird sowohl von Frauen als auch von Männern betrieben und kann in der Halle oder auch auf dem Feld gespielt werden.

Eine Reise durch die Faustball-Jahre

DFBL-Vizepräsident Leistungssport, Harald Muckenfuß.

Im Gespräch mit Harald Muckenfuß erfahre ich viel über die doch oft unterschätzte Sportart. Harald Muckenfuß ist im Faustball bekannt wie ein bunter Hund. Seit 30 Jahren prägt er die Faustballszene, die in seinem Heimatverein, dem TV Bretten 1846 begann. Muckenfuß ist bereits seit 2012 in seinem Amt als Vizepräsident Leistungssport tätig, 1997 war er selbst noch als Faustball-Nationaltrainer bei den World Games im finnischen Lathi. Dort verteidigte die Nationalmannschaft zum vierten Mal den World Games Titel.

Eine prägende Persönlichkeit im Faustball

2020 wurde er zum zweiten Mal zum Trainer des Jahres gewählt. Bereits bei der Premiere dieser Verleihung durch den Badischen Turner-Bund erhielt Muckenfuß als Erster diese Ehrung, die neben den herausragenden Erfolgen der Trainerinnen und Trainer auch die pädagogischen und organisatorischen Fähigkeiten hervorheben möchte. Dem Diplom-Sportlehrer ist sein Alter nicht anzumerken. Schon nach einem kurzen Gespräch merkt man, wie der 70-Jährige mit voller Leidenschaft von seiner Lieblingssportart erzählt, das bestätigt auch Rainer Frommknecht, Faustball-Landesfachwart des Badischen Turner-Bundes, bei der Ehrung:

Harald Muckenfuß ist der perfekte Beweis, dass die Arbeit mit jungen Leuten jung und fit hält.

 

Harald Muckenfuß erhält die Auszeichnung Trainer des Jahres 2020 | Bildquelle: BTB

Endlich bei den World Games wieder ganz oben

Nach drei World Games, in denen Deutschland 2001 und 2005 „nur“ Bronze holte und 2009 komplett leer ausging, kam 2013 der Befreiungsschlag. Die Nationalmannschaft als amtierender Weltmeister um das Bundestrainerduo Olaf Neuenfeld und Chris Löwe siegte im Finale gegen die damals amtierenden Europameister Schweiz mit 4:1. Bereits seit 2006 ist Neuenfeld Nationaltrainer der Herrenmannschaft.

2013 in Cali – „ein unglaubliches Erlebnis“

Cheftrainer Olaf Neuenfeld

Co-Trainer Chris Löwe

Muckenfuß, der damals gerade ein Jahr in seinem Amt als Vizepräsident Leistungssport bei der Deutschen Faustball-Liga (DFBL) tätig war, erlebte die World Games in Cali 2013 als ein besonderes Event. Endlich wieder eine Medaille und anschließend wurde der Sieg mit einer Anschlussreise belohnt, die unglaublich war. Sogar 2013 spielte der heutige weltbeste Angreifer Patrick Thomas (damals 21 Jahre) schon im Nationalteam und sorgte für viele wichtige Punkte.

Weltmeisterschaften sind die Highlights

Seit 2013 ist Deutschland nun wieder Titelverteidiger bei den World Games. Neben den „Spielen der nicht-olympischen Sportarten“ bedeuten den Spielerinnen und Spielern allerdings auch die Weltmeisterschaften viel, denn dort treten 18 Mannschaften gegeneinander an. Die größte Zusammenkunft im Faustball und damit nicht nur sportlich ein wertvoller Austausch.

Siege bei den World Games sichern Finanzierung

Bei den nicht-olympischen Sportarten ist es nicht anders als bei den olympischen Sportarten. Medaillen sorgen auch hier für eine sichere Finanzierung seitens des Deutschen Olympischen Sportbundes, so Muckenfuß:

Natürlich ist es für uns nicht nur wichtig, die Titel zu sammeln. Durch die stetigen Siege und Medaillenplatzierungen sorgt auch die Faustball-Nationalmannschaft dafür, dass die Deutsche Faustball-Liga die finanzielle Unterstützung seitens des DOSB erhält, von der die Sportart profitiert.

 

 

World Games 2017 - erst Schockstarre, dann Aufstieg wie der Phönix

Deutschland siegt trotz Ausfall des Weltangreifers Patrick Thomas

Der nach Expertenmeinung derzeit weltbeste Angreifer, Patrick Thomas, gleichzeitig auch Hauptangreifer der deutschen Nationalmannschaft verletzte sich im Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Argentinien.

Die Diagnose: Schultereckgelenkssprengung mit zwei gerissenen Bändern. Damit war klar, dass das Team ohne ihren Hauptangreifer weiterkämpfen musste.

Schockstarre

Unter Schock spielte das Team um Nationaltrainer Olaf Neuenfeld und mussten sich den Österreichern überraschend geschlagen geben. „Der Ausfall von Patrick war ein großer Schock für die gesamte Mannschaft“, so erinnert sich Harald Muckenfuß an die Niederlage am Nachmittag des Unfalls.

 

Die richtige Entscheidung im richtigen Moment

In der Nacht und am Vormittag des Finaltages sorgten starke Regenfälle dafür, dass gar nicht klar war, ob das Spiel überhaupt stattfinden würde. Die Beteiligten berieten sich in der morgendlichen Besprechung, ob und wie viele Sätze maximal gespielt werden. Muckenfuß musste als Offizieller in Absprache mit den Bundestrainern am Finaltag eine wesentliche Entscheidung treffen, ob das Spiel in maximal drei oder vier Gewinnsätzen ausgetragen wird.

"Dazu muss man wissen, dass das Wetter leistungsentscheidend beim Faustball auf dem Feld ist, da man den Platz unter ganz anderen Gegebenheiten vorfindet. Der Rasen ist viel rutschiger, was das Spiel enorm erschwert. Wir entschieden uns für vier Gewinnsätze, um so lange wie möglich durchzuhalten. Dass das am Ende zum Sieg verholfen hat, hätte ich damals nicht erahnen können, denn zu Beginn lagen wir mit 1:3 Sätzen zurück. Bei drei Gewinnsätzen wäre das der Titelverlust gewesen", so Harald Muckenfuß.

Am Ende gewann Deutschland mit 4:3 und einem Punkteunterschied von lediglich zwei Zählern. Was für ein Krimi, aber auch was für eine starke Mannschaft.

Warum Faustball olympisch werden könnte?

Fernsehquoten 2017 überzeugen

Die Finalübertragung zwischen Deutschland und der Schweiz wurden von rund 300.000 Zuschauerinnen und Zuschauern im Livestream auf damals noch Sport1 verfolgt. Insgesamt 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lieferten mit sieben Kameras eine hoch professionelle TV-Produktion. Die Neueinführung von einer Kamera über dem Netz sorgte für eine gute Sichtweise und kam gut an.

Schnelles Mitfiebern durch leichtes Spielverständnis

Der Ball wird, wie der Name schon sagt, mit der Faust oder der Innenfläche des gestreckten Unterarms gespielt.

Ähnlich wie beim Volleyball sind maximal drei Spielzüge erlaubt. Jedoch darf der Ball zwischen jeder Ballberührung auf den Boden aufspringen. Zudem stehen sich jeweils fünf Spieler*innen gegenüber. Sie trennt ein zwei Meter hohes Band (Männer) oder 1,90 Meter hohes Band (Frauen).

Der Ball wird mit der Faust über das Netz geschlagen.

Gewinnsätze sorgen für Spannung

Faustball wird nach Gewinnsätzen gespielt. Die Fehler werden direkt als Punkt für das gegnerische Team gezählt. Ein Team gewinnt einen Satz mit 11 gewonnen Punkten, muss jedoch dann mindestens einen Zwei-Punkte-Vorsprung aufweisen. Ist dies nicht der Fall, wird so lang weitergespielt, bis ein Team einen Zwei-Punkte-Vorsprung besitzt, maximal jedoch bis 15. Je nach Liga, Stärke und Art der Meisterschaften sowie der Wetterlage bei Spielen auf dem Feld wird auf 2, 3, 4 oder gar 5 Gewinnsätze gespielt.

Faustballerinnen 2022 mit Debütauftritt bei den World Games

Faustball WM 2023 in Mannheim

Von 23. bis 29. Juli 2023 werden die besten Faustballspieler der Welt in die SAP Arena nach Mannheim kommen.

„Mannheim ist eine Sportstadt und der Ballsport spielt dabei eine große Rolle. Mannheim ist mit Teams in sechs der 15 Ballsportart-Bundesligen vertreten. Deshalb freut es mich sehr, dass die vierte, in Deutschland ausgetragene Faustball-WM der Männer in Mannheim stattfinden wird und wir 16 Mannschaften aus verschiedenen Kontinenten und mehr als 30.000 Fans in unserer Stadt erwarten dürfen. Mit der Faustball-WM und der Bundesgartenschau finden 2023 zwei Großereignisse in Mannheim statt, bei denen wir uns unseren Gästen als weltoffene, lebenswerte und nachhaltige Stadt präsentieren können”, sagt Mannheims Sport-Bürgermeister Ralf Eisenhauer.

Interview mit Fabian Sagstetter

Der Kapitän der Faustball-Nationalmannschaft

Hier geht es direkt zum Interview

AUSGABE  Olympia 01-2021Mehr Sport | DTB-Sportarten bei den World Games
AUTORIN   Sabine Weichert