Fabian Hambüchen in Paris | Foto: Guy Pichard Eurosport
Einblicke

Fabian Hambüchen bleibt den Spielen treu

Seitenwechsel

Unter Journalistinnen und Journalisten galt Fabian Hambüchen schon zu seinen aktiven Zeiten immer als dankbarer Interview-Partner. Erfahrene Sportreporter und Sportreporterinnen wussten, dass der Top-Turner zwar nicht immer leicht zu kriegen war. Doch hatte man ihn erst einmal vor dem Mikrofon, dann war das Ergebnis meist alle Mühen wert und klare Worte waren angesagt. Und das nicht nur, wenn sportlich die Sonne lachte, sondern eben auch, wenn es in der Mixed Zone ungemütlich wurde.

Eine der Eigenschaften eben, die große Sportsmänner gemeinhin von lediglich guten Sportlern unterscheidet. Seit den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang 2018 hat Hambüchen nun die Seiten gewechselt. Auch bei den Spielen in Paris ist er für Eurosport wieder mit dem Mikro in der Hand unterwegs. Seine Heimat ist auch diesmal wieder das Deutsche Haus, das im Stade Jean-Bouin im 16. Pariser Arrondissement (Linie 9 "Porte de Saint-Cloud" und Linie 10 "Porte d’Auteuil") aufgeschlagen wird.

"Ich finde es auf jeden Fall spannend. Und ich habe vor allem erkannt, dass ich den Journalisten manchmal ein bisschen Unrecht getan habe, wenn ich gedacht habe, ob die sich nicht mal cleverere Fragen einfallen lassen könnten. Denn irgendwann habe ich gemerkt, scheiße, es ist echt schwer, eine Frage so zu formulieren, dass man zum einen dem Athleten oder der Athletin nicht auf den Schlips tritt, zum anderen die Antwort am Ende ja aber auch bekommen will ", räumte er ein.

Als Sportler, wolle man in dem Moment natürlich nichts davon hören, woran es denn gelegen hat oder was genau das Problem an diesem Tag war. "Als Journalist willst du aber genau auf diese Frage eine Antwort haben", versteht er heute. Das sei ihm schon bei seinem ersten Einsatz für den Sportsender bei den Winterspielen in Pyeongchang klargeworden, aber es sei auch eine echte Challenge gewesen.

"Ich habe mir als Riesenaufgabe dann das Ziel gesetzt, einen Weg zu finden, so zu fragen, dass ich dennoch die Antwort bekomme", erinnert er sich.

Meistens habe das dann sogar ganz gut geklappt. Dass dem so war, dafür macht Hambüchen auch die eigene Einstellung zur Medienarbeit verantwortlich, die er schon als Sportler innehatte. "Wir waren ja auch sehr offen, also auch mein Vater, der gerne sehr viel Kritik äußert. Wir haben einfach auf die Fragen geantwortet", sagt er. Aber nicht jeder Sportler und jede Sportlerin, weiß Hambüchen, sei so gestrickt. "Da brauchst du das Feingefühl. Zu wissen, okay, bei dem kannst du jetzt einfach mal so rausklatschen. Von wegen, wie enttäuscht bist du? Oder war der Druck zu hoch? Viele machen bei solchen Fragen jedoch die Scheuklappen dicht. Und dann kriegst du gar nichts mehr", hat er im Laufe seiner Reporterkarriere gelernt.

Die Vorbereitung

Hambüchens "Olympiavorbereitung" für Paris läuft 2024 natürlich ebenfalls ganz anders ab, als noch zu seinen Zeiten als aktiver Sportler. "Durch die ganzen Jobs habe ich nicht die Zeit, mich jeden Tag nur hinzuhocken und irgendwelche Sportgeschehnisse zu schauen", sagt er. Die letzten sechs, sieben Wochen vor Olympia werde es dann allerdings immer intensiver. "Ich schaue, wer ist qualifiziert, was haben die Leute geleistet, ein bisschen in die Vita schauen", erzählt er. Sein Redaktionsteam, das ihm die Fakten mundgerecht liefert, hat er bei Eurosport und doch prüft er, soweit möglich, alle Fakten auch selbst. "Ich schaue in Eigenregie danach, dass ich umfassend informiert bin. So langsam stellt sich ja heraus, wer alles zu Olympia fährt. Und so langsam flattern auch immer mehr Namen rein, wo ich sage, okay, da kann ich jetzt mal ein bisschen was nachlesen. Mal schauen, wer das denn ist", sagt er. Und viele der Routiniers kenne er ja noch. "Aber es sind auch ganz viele neue Gesichter dabei, von denen ich noch nie etwas gehört habe", gibt er zu. 
 

Zwei Mal täglich auf Sendung

In Paris wird der 36-Jährige wieder zweimal täglich auf Sendung gehen. "Das Eurosport-Headquarter ist ja in Paris und die haben dort ein riesiges Roof-Top-Studio. Irgendwas total Krasses. Dort wird allerdings Thomas Wagner als Moderator agieren. Ich werde als Host im Deutschen Haus fungieren. Ich habe da voraussichtlich eine eigene Streaming-Show, die ich komplett live mache", erzählt er. Wagner werde aber immer mal wieder live vom Studio zu ihm rüberschalten. "Fabian hat im Deutschen Haus Personen X und Y, und wir schauen mal, was da abgeht", erklärt er.

Im Deutschen Haus werde es zudem eine riesige Fanzone geben.

"Das ist ja ein Rugby-Stadion. Den Innenbereich werden sie als Public Viewing gestalten, mit Biergarten und Fanzone mit Family und Friends. Und das wird auch meine Spielwiese, wo ich dann die Leute mit abgreifen kann", verrät der Reck-Olympiasieger von Rio de Janeiro 2016. "Das macht auch echt Spaß. Und du kriegst halt auch viel zurück, wenn du es gut anstellst", sagt er. So wie er früher offen und Klartext gesprochen habe, sei es eben auch, wenn er fürs Fernsehen mit den Aktiven spreche. "Da merkst du direkt, es ist ein ganz anderes Vertrauensverhältnis, weil ich viele dieser Phasen selbst durchlebt habe", ist er überzeugt.

Höhepunkt Olympia

Auch wenn Olympia auch im Leben eines Sportjournalisten regelmäßig einen Höhepunkt in der Karriere darstellt, die Art von Leistungsdruck, den er als Sportler von den Spielen her kennt, empfindet Hambüchen in seinem Job als TV-Journalist nicht. "Es ist natürlich anders. Diese Grundanspannung, wie ich das früher als Athlet hatte, die habe ich jetzt so nicht", findet er. Er freue sich viel mehr, dass es endlich losgehe. "Wir waren vor Ostern neun Tage in Paris. Wir haben dort gedreht, verschiedene Sachen. Und ich habe da die Stadt so richtig schön kennengelernt und noch einmal viele Eindrücke gewonnen. Wir sind da sehr tief in die Kultur eingedrungen", erzählt er. Auch die nötigen Kontakte hat Hambüchen in dieser Zeit geknüpft. "Ich weiß jetzt auch, wen ich wofür anrufen muss", sagt er.

Anspannung vs Vorfreude

Wenn dann samstags die Turnwettkämpfe in Paris am 27. Juli aber erst einmal losgehen, dann kommt selbst ein entspannter Olympiafuchs wie Fabian Hambüchen langsam auf Betriebstemperatur. "Dadurch, dass wir sehr eng mit Lukas Dauser sind, ist ab dann natürlich schon eine große Anspannung da", sagt er und korrigiert sich gleich selbst: "Früher war es Anspannung. Jetzt ist es wirklich eine große Vorfreude", formuliert er neu.

Zu seinen Aufgaben gehört auch die Hambüchen Challenge. "Wir haben ein eigenes Format, wo ich verschiedene Sportarten ausprobiere, Länder und Kulturen kennenlerne. So ein bisschen wie Raab in Gefahr früher. Nur dass der halt nur bekloppte Sachen gemacht hat und bei mir sind es wirklich Sportarten", verrät er. So hat Hambüchen zum Beispiel mit der fünffachen Weltmeisterin Darja Varfolomeev eine RSG Folge gedreht. "Solche Sachen, wo ich mich natürlich bei den Sportarten teilweise auch ein bisschen zum Hampelmann mache. Aber es ist Show. Und es zeigt mir, wie schwer jeder einzelne Sportart ist und wieviel Arbeit dahintersteckt", erklärt er.

Wenn er sich selbst als Zuschauer Tennis im Fernsehen anschaue und denke, na den Ball hättest du jetzt auch kriegen können, dann helfen ihm solche Erfahrungen, den Sport noch besser nach außen zu tragen. "Denn dann siehst du mal live, wenn das Ding mit 200 Sachen auf dich zukommt. Und du verstehst plötzlich, dass du da gar keine Chance hast", sagt er und nennt den Varfolomeev-Dreh als weiteres Beispiel der Erkenntnis. "Wenn Darja einfach so, ganz easy, bei der RSG ihr Band hochwirft und es wieder fängt. Oder die Keule - ich habe die nicht gefangen bekommen", gibt der ehemalige Spitzenturner zu. "Da habe ich gedacht, ey, Alter. Die einfachsten Dinge, wo jeder sagt, hey, du kannst doch was hochwerfen und wieder fangen. Aber nein, es ist nicht so einfach, wie es aussieht", weiß er nun. Und genau das sei eben das Schöne an der Sendung. "Dass ich da die Chance habe, mit meinem Format die Leute ein bisschen zu sensibilisieren. Und natürlich auch für mich selbst diese geile Erfahrung zu machen."

Doch als ehemaliger Spitzensportler hat Hambüchen nicht nur vieles gesehen, sondern kann sich auch spontan in die Rolle des Aktiven hineinversetzen. So auch bei den Finals 2024, als er in der Entscheidung der Frauen immer wieder Trainer beobachtet, die vor und vor allem nach den Übungen wie wild auf ihre Schützlinge einredeten. "Wo du dann weißt, in dem Moment macht das gar keinen Sinn. Denn du willst es nicht hören. Das nervt nur. Das ist das Letzte, was du als Athlet in dem Moment haben willst", weiß er. Denn auch sein Vater (und Trainer) Wolfgang sei da auch «ein Künstler drin, direkt danach analysieren zu wollen", wenn es mal schieflief. "Ich habe dann meistens gesagt, machen wir nachher. Ist alles gut. Jetzt geht es weiter", erzählt er.

Doch auch in seiner Eigenschaft als Gastgeber im TV hat der 40-fache deutsche Meister noch mit Herausforderungen zu kämpfen. "Was ich zum Beispiel super anspruchsvoll finde, ist, wenn du die Regie auf dem Ohr hast. Du musst parallel zuhören, was dein Gegenüber sagt. Und gegebenenfalls sogar mit einer Frage reagieren. Aber eben trotzdem die Kommandos aus der Regie wahrnehmen. Also das ist fast schon Multitasking, in jeder Hinsicht.  Aber auch das muss man eben üben", sagt er.

Alle Beteiligten sind happy

Das Hambüchen auch künftig bei Olympia zu sehen sein wird, lässt die Begeisterung, mit der er bei Eurosport bei der Sache ist, erahnen. "Ich würde jetzt nicht sagen, dass es ein Selbstläufer ist, aber es ist trotzdem ein sehr, sehr gutes Miteinander. Die setzen mich gut ein. Es ist nicht so ein irgendeine Perle vor die Säue werfen, sondern es ist eben wirklich alles durchdacht", fühlt er sich in seiner Rolle beim Sender jedenfalls pudelwohl. Nach den Spielen wollen sich beide Parteien zusammensetzen, um über eine weitere Zusammenarbeit zu sprechen. "Gut ist da schon mal, dass sie die Olympia-Rechte bis Brisbane 2032 haben. Die sind happy mit mir, und ich bin happy mit denen", ist er überzeugt. 

Die Sportarten, die er ausprobieren kann, dürften Hambüchen bis dahin jedenfalls nicht ausgehen. Ob Kite Surfen, Lacrosse, Flag Football, Cricket, Softball oder Squash. In Paris und Los Angeles stehen wieder viele neue Sportarten in den Startlöchern. "In Paris nehmen sie ja Breakdance rein. Das ist aber 2028 schon wieder raus. Und da ist dann wohl auch das Gewichtheben raus", sagt er, bedauert aber den Verlust von traditionellen Sportarten. "Was ich blöd finde, ist, wenn sie dafür die Anzahl der Teilnehmer in den anderen Sportarten reduzieren", kritisiert er. Früher seien die Turner zu sechst gewesen, davor sogar mal sieben, in Tokio nur noch vier und in Paris wieder fünf.

"Ich finde diese Entwicklung ein bisschen schade, vor allem, wenn man dann gerade in den Traditionssportarten anfängt, die Leute zu reduzieren. Dann sollen sie doch lieber überlegen, ob sie nicht doch das Olympische Dorf größer machen", sagt der Olympionike Hambüchen und spricht damit trotz seines Seitenwechsels das aus, was wohl die meisten Sportler denken.

Fabian Hambüchen mit Moderator Sascha Kalupke im Deutschen Haus bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang

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Tägliches Sendeschema
bei Eurosport 1 im Free-TV

Turn-Fans können alle Wettkämpfe und Entscheidungen bei Paris 2024 live und in voller Länge über das Streaming-Angebot von discovery+ sehen. Hier verpassen selbst die Super-Fans keine Sekunde der Live-Action und können alle Vorkämpfe und Wettbewerbe sehen.

Die Entscheidungen im Turnen werden im Rahmen der Olympia-Konferenz "Medal Zone" im Free-TV bei Eurosport 1 Teil der Live-Übertragungen sein. Bei welchen Events Eurosport live beim Turnen ist, hängt u.a. von parallel stattfindenden Entscheidungen in Paris ab. Die "Medal Zone" ist immer da, wo es gerade am spannendsten ist.

Die olympischen Turn-Wettbewerbe kommentiert bei Eurosport und discovery+ Sigi Heinrich. Als Experte ist Fabian Hambüchen bei den wichtigsten Entscheidungen am Mikrofon.

Paris 2024 wird auf den TV-Sendern Eurosport 1 und Eurosport 2 sowie beim Streaming-Dienst discovery+ übertragen. Eurosport 1 ist dabei der einzige Sender im deutschen Free-TV, der täglich live von den Olympischen Spielen berichtet. Eurosport 1 ist dann 24/7 Olympia-Sender. Los geht`s mit der Frühstückshow "Bonjour Paris" moderiert von Birgit Nössing um 7:00 Uhr mitten aus dem Herzen von Paris. Ab 9.00 Uhr gibt es die "Medal Zone" als echte Olympia-Konferenz im Free-TV. Sie ist die Anlaufstelle für alle Zuschauer*innen, die jede wichtige Entscheidung live sehen möchten. Darüber hinaus bietet Eurosport mit den zwei Prime-Time-Shows "Bonsoir Paris" mit Fabian Hambüchen, Thomas Wagner und vielen Gästen täglich um 18:30 Uhr und gegen 22:30 Uhr die perfekte Abendunterhaltung mit allen Highlights. Ein Tipp für Alles-Gucker: Auf discovery+ ist wirklich jedes Event zu sehen – insgesamt 3.800 Stunden Olympia.

AUSGABE        Olympia 03-2024Einblicke | Fabian Hambüchen bleibt den Spielen treu
AUTOR             Nils B. Bohl