Fabian Vogel, Trampolinturnen | Foto: Thomas Rösler
Turn-Team Deutschland

Trampolinturner Fabian Vogel

Nach den Sternen greifen

Wer fliegen kann, will nach den Sternen greifen. Fabian Vogel war das schon frühzeitig klar. Als der heute 29-Jährige als Schüler erste Erfolge auf dem Trampolin feierte, setzte er sich die Teilnahme an den Olympischen Spielen als Fernziel. "Es ist das Größte, was man in meinem Sport erreichen kann", sagt der Turner des MTV Bad Kreuznach. "Und mich hatte damals der Ehrgeiz gleich gepackt."

Jetzt, nach so vielen Jahren harter Arbeit, hat Vogel den großen Sprung vor Augen. In diesem Sommer in Paris darf er seine Olympiapremiere feiern. "Das ist ein unbeschreibliches Gefühl", schwärmt der mehrmalige Deutsche Meister. Im ersten Moment hatte er es gar nicht fassen können, das Ticket in der Hand zu halten.

Es war beim Heim-Weltcup im März in Cottbus, und der hatte im Einzel für ihn nicht gut angefangen: Vogel scheiterte am Einzug ins Halbfinale. Der Plan, bei dieser letzten Chance noch ein paar Punkte zu sammeln für die Olympia-Qualifikation, war damit hinfällig geworden. Der beste Deutsche in der Rangliste hatte es nun nicht mehr selbst in der Hand, dem eigenen Verband einen Quotenplatz und sich selbst damit die Reise ins Nachbarland zu sichern. Doch auch die Konkurrenz sollte patzen.

Die Rechenspiele

Rechenspiele begannen, während Vogel selbst zum Synchronwettkampf noch einmal aufs Tuch steigen musste. Bei fünf Weltcups hatten die Olympiakandidaten die Möglichkeit gehabt, sich für die Spiele zu empfehlen; die jeweils besten zwei Ergebnisse zählten für die entscheidende Rangliste. Vogel legte 2023 mit guten Resultaten in Portugal und den USA vor. Dass er am Ende vor heimischer Kulisse nicht noch mal auftrumpfen konnte, lag auch daran, dass die Vorbereitung auf die Performance in der Lausitz-Arena nicht optimal verlaufen war. Beim World Cup in Baku, der direkt davor auf dem Plan gestanden hatte, zog er sich einen Muskelfaserriss in der Wade zu, musste ein paar Tage lang pausieren und auch danach noch mit Vorsicht agieren, um überhaupt einen Wettkampf bestreiten zu können.

"Das hat mich emotional und körperlich zurückgeworfen", gibt Vogel zu.

Als er noch im Synchron-Finale von Cottbus an der Seite seines Partners Caio Lauxtermann durch die Luft rotierte, war am Boden schon klar, dass er es geschafft hatte. Mit der Gratulation zum Weltcup-Gold für den überzeugenden Auftritt im Duo erhielt Vogel auch die gute Nachricht von seiner Olympia-Qualifikation. "Ein Kindheitstraum geht in Erfüllung", kommentiert der Synchron-Weltmeister glücklich. "Darauf habe ich mein ganzes Leben lang hingearbeitet." Dafür habe er jahrelang Verzicht geübt.

Jahrelanger Verzicht

Schon früh war Vogel ins Sportinternat nach Cottbus umgesiedelt, hatte Freunde und Familie hinter sich gelassen, um sich unter optimalen Bedingungen zum international konkurrenzfähigen Höhenflieger ausbilden zu lassen. Klassen- oder Urlaubsfahrten mit Freunden opferte er den sportlichen Ambitionen. "Frag noch mal in fünf Jahren", habe er manches Mal scherzhaft gesagt, wenn er wieder eine Einladung ablehnen musste. Sein Studium in Sportmanagement absolviert er an einer Fernuni und damit ohne Möglichkeit, mit neuen Bekanntschaften das typische Studentenleben zu genießen.

Zehn bis zwölf Einheiten absolviert Vogel pro Woche. Seitdem er seinen Startplatz in der Arena von Bercy sicher hat, wo am 2. August die olympischen Trampolin-Wettkämpfe ausgetragen werden, hat er sein Engagement noch einmal erhöht. Bei der früheren Stabhochspringerin Carolin Hingst, die selbst 2004 in Athen und 2008 in Peking bei den Spielen dabei war, absolviert er zweimal in der Woche ein Athletiktraining, um die Grundfitness zu erhöhen und andere Muskeln anzusprechen als jene, die bei ihm im Dauerbetrieb sind. Zudem schwitzt er beim Spinning. Die zusätzliche Kraft ermöglicht dem Sportler höhere Sprünge. Die Regeneration fördern regelmäßige Besuche in der Kältekammer.

Seinen Vortrag hat Vogel um sieben Zehntel aufgestockt, um in der Schwierigkeit mit den Besten der Welt mithalten zu können. Sein Ziel wird es erst mal sein, ins Finale zu kommen. Dort sei dann alles möglich, "ich hoffe, dass ich meine Chance nutzen kann, wenn andere patzen".

ALLES IST MÖGLICH!

Familiäre Unterstützung vor Ort

Seine Eltern haben schon Karten für den großen Tag. Dem Sohn ist das wichtig: "Sie haben vor allem in meinen jüngeren Jahren auf vieles verzichtet, um mir Dinge zu ermöglichen." Dafür sei er ihnen sehr dankbar.

Was genau auf ihn zukommt bei diesem Großereignis an der Seine, darauf ist der Debütant sehr neugierig. "Ich will so viele neue Eindrücke wie möglich mitnehmen", kündigt er an. "Hoffentlich kann ich auch zur Eröffnungsfeier."

Mit Vogel kehrt der Deutsche Turner-Bund auf die Bühne zurück, auf der er zuletzt fehlte. 2021 in Tokio hatte niemand aus dem Feld der Trampolinspezialisten den Sprung nach Tokio geschafft; zuletzt schraubte sich die Stuttgarterin Leonie Adam 2016 in Rio auf den zehnten Platz.

Nur 16 Turnerinnen und Turner startberechtigt

Nur jeweils 16 Turnerinnen und Turner sind startberechtigt. Großen Druck verspürt Vogel nicht. Er habe es schließlich schon geschafft, sich zu qualifizieren. Jetzt kann er eigentlich nur noch gewinnen.

"Es war ein hartes Stück Arbeit", sagt er. Wie wichtig sein Erfolg ist, das hat er als Athletenvertreter mitbekommen. "Gelder wurden zurückgeschraubt, und man ist weniger unterwegs", wenn es wegen verpasster Olympiateilnahme an Förderung fehlt. In seinem Trainingsort Bad Kreuznach habe er das zwar nicht zu spüren bekommen, da mangele es nicht an guten Bedingungen. Und doch weiß er, dass es nicht leicht ist, diese immer zur Verfügung zu stellen.

Anfang Juli, nach einem Trainingslager mit den Spaniern und den Portugiesen in Barcelona, wird er beim Weltcup in Coimbra ein letztes Mal vor dem großen Auftritt auf die Konkurrenz treffen. Nach der Rückkehr, am 9. Juli, steht für Vogel dann die Einkleidung in Düsseldorf auf dem Programm. Spätestens dann wird sich der Traum real anfühlen.

Was danach kommt, "darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht", sagt der Athlet. Sein Körper fühle sich noch sehr gut an, schwerere Verletzungen hat Vogel bislang nicht erlitten. "Ich könnte mir noch einen weiteren Olympiazyklus vorstellen", sagt er. Vielleicht würde er dann 2028 auch nach Los Angeles fliegen und in der Stadt der Engel erneut nach den Sternen greifen.

Fabian Vogel in Aktion | Foto: Thomas Rösler
Fabian Vogel in Aktion | Foto: Thomas Rösler
Fabian Vogel in Aktion | Foto: Thomas Rösler
Fabian Vogel und Caio Lauxtermann | Foto: Thomas Rösler

AUSGABE        Olympia 03-2024 | Turn-Team Deutschland | Nach den Sternen greifen
AUTORIN         Katja Sturm