Wie besonders aber die Situation damals war und wie hoch die Emotionen in einer olympischen Arena kochen können, zeigt eine andere, weniger bekannte Facette der Geschichte über den "Hero de Janeiro". Cheftrainer Andreas Hirsch, erinnert sich Boschert, sei danach völlig nervös und aufgeregt auf ihn zugekommen, in dem festen Glauben, Toba könne so nun auch noch an den Ringen turnen. Da holte Boschert den Berliner erst einmal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. "Du spinnst wohl, nur über meine Leiche", zog er da nach eigener Erinnerung umgehend seine Veto-Karte im Sinne der Gesundheit des angeschlagenen Turners.
Denn auf sich selbst spürt Boschert in solchen Fällen meist keinen besonderen Druck lasten. "Letztendlich sind es medizinische Entscheidungen. Da spielt es dann keine Rolle, ob Olympia, Weltmeisterschaft oder Deutsche Meisterschaft", betont er. Natürlich ist aber auch einem Mannschaftsarzt bewusst, dass die Olympischen Spiele oftmals den Höhepunkt einer Turnkarriere darstellen. "Viele Turner schaffen es, wenn überhaupt, nur ein einziges Mal zu Olympia", weiß auch Boschert.
"Wenn es sich dann um Dinge handelt, wo man in der Regel sagen würde, schon dich lieber mal und mache eine Woche Pause, dann muss man dort situativ entscheiden", sagt der Mediziner. Bei Olympia nehme er daher schon einmal etwas mehr an Beschwerden oder Schmerzen in Kauf, als er das in der Regel tun würde. "Aber letztendlich muss der Mannschaftsarzt das verantworten können. Wenn ich das aus medizinischer Sicht nicht verantworten könnte, dann würde ich auch abraten. Beziehungsweise dann auch klar sagen, nein, geht nicht, sorry."