Die drei Spürnasen Dennis Passig, Philipp Lampe und Thorsten Weiß | Bildquelle: Tom Weller/24passion
Turn-Team Deutschland

Bei Turnwettkämpfen immer im Blick

Die Event-Trends

Dennis Passig, Philipp Lampe und Thorsten Weiß sind ständig auf der Suche. Die drei Spürnasen von der DTB Service GmbH haben es sich auf die Fahne geschrieben, die Veranstaltungen und Wettkämpfe weiterzuentwickeln. Regelmäßig analysieren die drei mit ihrem Team Trends und verfeinern zwischen unzähligen sportlichen Events den eigenen, unverwechselbaren Style für die Wettkämpfe des DTB.

Doch wo sehen die drei Event-Manager aus der Otto-Fleck-Schneise das Entwicklungspotenzial des Turnens? "Was ganz stark im Kommen ist, ist der Multisport-Gedanke. Den sehen wir derzeit kontinental bei den European Championships als auch auf nationaler Ebene bei Die Finals", sagt Weiß. Diesen Gedanken wollen die drei daher auch bei den Deutschen Meisterschaften im kommenden Jahr in Frankfurt fortführen, wenn es keine 'Finals' geben wird. "Wir wollen diesen Gedanken beibehalten. Das bedeutet, unsere vier olympischen Sportarten, Rhythmische Sportgymnastik und Trampolinturnen sowie Gerätturnen männlich und weiblich in einer Veranstaltung, an einem Veranstaltungsort und an einem Wochenende zusammenzuführen", erzählt er.

Das Veranstaltungsniveau soll auf diese Weise für alle gleich hoch bleiben und auch mit denselben Showeffekten versehen werden. Verbandsintern, sagt Weiß, sei das als wichtiges Kriterium identifiziert worden.

"Wir wollen unsere Sportarten Trampolinturnen und Rhythmische Sportgymnastik mit auf das Veranstaltungsniveau beim Gerätturnen draufheben. Sie sollen nicht hinten runterfallen, nur weil es in einem Jahr keine Finals gibt", lautet sein Ziel.

Doch nicht allein die olympischen Sportarten sollen ihre Plattform erhalten. Das Ziel ist, zu schaffen, alle Verbandsbereiche entsprechend zu integrieren und die Veranstaltung als Plattform zu nutzen. Bei 'Die Finals' in Berlin sei das schon ganz gut gelungen, weil es dort einen großen Außenbereich gab. Den riesigen DTB mit seinen vielen Abteilungen aber unter einen Hut zu bekommen und darstellen zu können, sei nicht immer einfach.

Trend Co-Hosting?

Ein aufkommender Trend ist laut Weiß das sogenannte Co-Hosting. "Das bedeutet, dass zwei oder sogar auch mehrere Städte eine Veranstaltung gemeinsam ausrichten. Das hatten wir ja bei 'Die Finals' 2021 auch. Da haben einige Sportarten in Berlin stattgefunden und andere in NRW. Für Städte oder Zuwendungsgeber ist es nicht immer ganz einfach, alle Kosten allein zu tragen. Gerade im Corona-Jahr war die Kostenteilung ein wesentliches Kriterium", sagt Weiß.

Geht es nach den drei Eventmanagern, wird der Muff von 200 Jahren bald aus den Meisterschaften und Turnwettkämpfen verschwinden. "Es gibt bestimmte Szenarien, wo wir Akzente draufsetzen wollen", verrät Philipp Lampe. So soll zwischen dem Ende des Einturnens und dem Einlauf der Athlet*innen eine durchgetaktete "Pre-Show" etabliert werden. "Die ist dann auch bei allen Sportarten gleich. Mit Lichtshows, Spezialeffekten und einer gewissen Dramaturgie", erklärt er. Für den Zuschauer und die Zuschauerin bedeutet das eine klare Grenze zwischen dem Einturnen und dem "Jetzt geht’s los". Das Publikum werde so vorbereit, nun alles zu geben. "Zumindest vom Optischen her ist uns das in Düsseldorf dieses Jahr bereits sehr gut gelungen. Auch das Feedback, das wir bekommen haben, war durchweg gut", berichtet Lampe.

Beim DTB versucht man sich nun bewusst auch an internationalen Veranstaltungen zu orientieren. "Spektakuläre Inszenierungen sind mittlerweile Standard und werden auch erwartet", hat Lampe gelernt. Das Publikum wolle für sein Geld neben dem Sport auch noch gut unterhalten werden. "Am allerwichtigsten ist dem Publikum allerdings nach wie vor, dass sie den Sport gut verfolgen können und wir ihnen dafür auch die richtigen Werkzeuge an die Hand geben", hat er ermittelt.

Für den DTB steht der Unterhaltungswert allein dagegen nicht im Mittelpunkt. "Es soll immer noch darum gehen, dass die Sportler gute Wettkampfbedingungen haben", schränkt Weiß ein. Und trotz aller Fortentwicklung müsse man auch stets im Blick haben, was finanziell realisierbar und was im Rahmen einer Deutschen Meisterschaft eben nicht zu stemmen sei. "Uns ist schon bewusst, dass es immer noch eine nationale Veranstaltung ist", betont Weiß. Aber für die Athletinnen und Athleten solle so eine Meisterschaft auch gleichzeitig Vorbereitung auf kommende internationale Herausforderungen sein. "Wenn man zu einer WM fährt, hat man sowieso schon hohen Leistungsdruck", sagt er. Da müsse man nicht noch erst vor Ort lernen, mit den zusätzlichen Besonderheiten einer Großveranstaltung klarzukommen. "Also versuchen wir, die Athleten auch auf diesen Weg vorzubereiten. Damit sie in so ein Event auch gerne reingehen", erklärt er.

Statistische Aufbereitung & Livestreaming

Zum trendigen Thema im Sport wurde in den vergangenen Jahren mehr und mehr die statistische Aufarbeitung der Leistungen. "Das ist auf jeden Fall ein Thema, das auch uns umtreibt. Wir überlegen permanent, wie wir den Turnsport, der sowieso nicht in allen Bereichen so ganz einfach nachvollziehbar ist, in den TV- oder in der Streaming-Übertragung, noch besser erklärt bekommen. Wie eine Wertung zustande gekommen ist, welche Hintergrundinformationen es vielleicht noch geben könnte. Oder wie Statistiken visuell ansprechend dargestellt werden können ", erläutert Dennis Passig. 

Komplexes Regelwerk – einfach erklärt

Dass vor wenigen Jahren in Deutschland noch belächelte Sportarten wie American Football mittlerweile auch hierzulande ein Millionenpublikum anziehen, macht Weiß dagegen nicht nervös. "Ich würde mir natürlich wünschen, dass das Ticketing bei uns auch so wäre. In 30 Minuten alles ausverkauft und mehrere Millionen Nachfrage", lacht Weiß. Schon deswegen schauen die drei auch bei der NFL immer wieder genauer hin. Schließlich hat Amerikas Lieblingssport ebenfalls ein hoch komplexes Regelwerk, dass es zu erklären gilt. "Eines haben wir jetzt in Heidelberg bei der WM-Qualifikation schon umgesetzt. Wir hatten in diesem Jahr zum ersten Mal eine Kampfrichterin in unserem Studio am Start, die die Übungen genau erklärt hat. Was gut war und worauf man so als Kampfrichter schauen muss", erinnert sich Weiß.

Die Kommunikation mit den Fans

Das Einbinden von Publikum hat dagegen beim DTB bereits lange Tradition. Denn die Event-Macher versuchen, auf vielen Kanälen mit den Fans zu kommunizieren. "Wir fragen bei Veranstaltungen die Leute, was sie denn wirklich interessiert", sagt Weiß. Nicht ohne Grund. Denn das ständige Schwimmen in der eigenen Suppe könne auch recht schnell zu Betriebsblindheit führen, findet er. Es gehe darum, die eigenen Scheuklappen abzulegen und offen gegenüber dem Zuschauer zu bleiben. "Über den Chat bei Sportdeutschland TV haben wir da auch eine gute Möglichkeit, Fragen direkt in der Sendung noch aufzugreifen. Solche Sachen bleiben in jedem Fall unser Ziel", betont er.

Social Media behind the scenes

Ein wichtiger Punkt, über den die drei von der DTB Service GmbH immer und immer wieder diskutieren, sind die Streaming Angebote. Deren Marktanteil steigt nicht nur im Turnen rasant. "Die Frage, die wir uns jeden Tag stellen, ist einfach. Wie können wir das Turnen noch viel besser in die Wohnzimmer bringen? Auch über das hinaus, was wir gerade machen", erklärt Passig. Auch das Thema "Social Media" und "Behind the Scenes" ist ihr täglicher Begleiter. "Und das ist sicherlich nicht erst seit heute ein Trend. Aber auch da können wir noch viel besser werden", ist er überzeugt.

Der heißeste Turn-Trend

Den derzeit heißesten Turn-Trend holt aber der Sportdirektor Thomas Gutekunst dann ganz zum Schluss noch aus seinem Ideen-Rucksack. "Ich glaube, dass der Trend künftig zu Mixed-Wettkämpfen gehen wird", prognostiziert er. Diese könnten nach seinem Dafürhalten schon bei Olympia 2028 in Los Angeles zur Realität werden. "Schon allein deshalb müssen wir da nachziehen und mit einem eigenen Mixed-Format auf den Markt kommen", findet er und drückt in dieser Sache bereits richtig aufs Gaspedal. Stand jetzt soll diesem letzten Trend beim Internationalen Deutschen Turnfest 2025 in Leipzig Rechnung getragen werden.

AUSGABE         Trends 05-2023 | Turn-Team Deutschland | Die Events-Trends
AUTOR              Nils B. Bohl