Nick Trinemeier mit der deutschen Nationalmannschaft | Bildquelle: Sönke Spille
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Faustball-WM in Mannheim

Na klar wollen wir Weltmeister werden

Das sagt Nick Trinemeier. Der 33-jährige Faustballer vom TV Käfertal möchte mit der deutschen Nationalmannschaft den WM-Titel in Mannheim verteidigen. Vor der eigenen Haustür, den eigenen Fans, unweit seines Heimatvereins.

Das wird eine Wahnsinns-Veranstaltung.

Der deutsche WM-Kader | Foto: Petra den Dulk 

Wechselbad der Gefühle

Die Karl-Heinz Herbst-Sportanlage des TV Käfertal und die SAP Arena trennen Luftlinie gerade einmal 6,9 Kilometer, mit dem Auto sind es an staufreien Tagen nur wenige Minuten Fahrt.

Ein Katzensprung für Nick Trinemeier.

Schnell kam er am Pfingstmontag vom Trainingsplatz in die Arena geeilt, noch etwas ergriffen von den Emotionen rund um die Kaderverkündung. Gerade erst hatte Bundestrainer Olaf Neuenfeld ihm und neun weiteren Teamkollegen mitgeteilt, dass sie ihren Platz im finalen Weltmeister-Kader sicher haben. Für Trinemeier ein "Wechselbad der Gefühle". Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Mit Felix Klassen und Marcel Stoklasa haben es immerhin zwei seiner Teamkollegen vom TV Käfertal kurz vor dem Ziel nicht geschafft.

Titelkämpfe im eigenen Land

Nun saß Trinemeier also in jener Arena, wo am 29. Juli das Endspiel stattfindet. Titelkämpfe im eigenen Land sind an sich ja schon Höhepunkt genug für einen Sportler, aber eine WM direkt vor der Haustür und mitorganisiert vom eigenen Verein?

"Das ist außergewöhnlich. Die Rahmenbedingungen sind weit von einer normalen Situation entfernt", entgegnet der 33-Jährige. "Ich war vor der Nominierung extrem aufgeregt. Die Anspannung war schon sehr groß, und ich habe echt schlecht geschlafen." 

Nun hat der Angriffsspieler die Gewissheit, dass er bei der Weltmeisterschaft dabei ist. Bei seiner Weltmeisterschaft. In seiner Stadt, unweit seines Vereins und seines Elternhauses.

Ein Mannheimer Junge

Trinemeier ist ein Mannheimer Junge. Hineingeboren in eine Faustball-Familie, in der inzwischen alle mehr oder weniger infiziert sind mit dem Virus und einer Sportart, "die einen fesselt und begeistert, wenn man sie einmal gespielt oder gesehen hat", wie Trinemeier betont.

Seine Brüder Jan-Frederic, Jasper und Cedric spielen oder spielten Faustball, Cedric ist inzwischen erfolgreicher Leichtathlet. Vater Jörg ist der Vorsitzende im TV Käfertal, kümmert sich überdies um die Organisation der Weltmeisterschaft.

Mit vier Jahren kam er erstmals in Kontakt mit dem Ball, auf der Käfertaler Anlage mischte der kleine Nick schon früh mit den Großen mit. Er durchlief beim TVK diverse Nachwuchsteams, bis er 2009 zum TSV Pfungstadt wechselte, wo auch seine internationale Karriere begann. Sein Debüt bei den deutschen U21-Junioren gab er am 14. August 2009 in Zofingen in der Schweiz.

Gewonnen, was es zu gewinnen gibt

Mit 26 Jahren kehrte Trinemeier allerdings wieder in seinen Heimatverein zurück. Inzwischen hat er mehr als 300 Bundesligaspiele absolviert – dazu 55-mal für Deutschland gespielt, zehn Mal für die deutsche U21-Auswahl. Sein erstes Länderspiel für den A-Kader bestritt er am 16. August 2012 im bayerischen Frammersbach, seitdem hat er unter anderem an acht großen Turnieren teilgenommen, darunter zwei Welt- und vier Europameisterschaften sowie zweimal die World Games gespielt. Trinemeier hat gewonnen, was es zu gewinnen gibt: Er ist mehrfacher Deutscher Meister, Europapokal- und Weltpokalsieger, dreimaliger Europameister sowie zweifacher Weltmeister und World-Games-Sieger und Träger des Silbernen Lorbeerblattes. Mit der Teilnahme an der WM in Mannheim (22. bis 29. Juli) und einem möglichen Finale in der SAP Arena hat der 33-Jährige aber noch einen großen Traum vor Augen.

"Bei der letzten Weltmeisterschaft in Deutschland 2007 war ich als Zuschauer dabei. Ich war 17 und gerade mit Käfertal in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Wir sind damals von den Aufstiegsspielen direkt zur WM nach Niedersachsen gefahren", erinnert sich Trinemeier. "Für mich als junger Kerl war das wahnsinnig aufregend, so gute Spieler zu sehen. Ich war fasziniert und konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich bei der nächsten Heim-WM selbst spielen könnte. Ich hatte natürlich diesen Traum, aber es war zu der Zeit kein realistischer."

Das mag damit zu tun haben, dass er als Jugendlicher nie zu Nationalmannschafts-Lehrgängen eingeladen wurde, erstmals überhaupt als U 21-Spieler. Seitdem aber ist der Angreifer eine feste Größe im deutschen Team, das in diesem Sommer seinen vierten WM-Erfolg in Serie feiern möchte. Trinemeier würde damit in seiner persönlichen Erfolgsbilanz das "Triple" perfekt machen. So oder so: "Das wird eine außergewöhnliche Veranstaltung", ist der Mannheimer Faustballer überzeugt.

Novum: Naturrasen in der SAP Arena

Allein der Gedanke an die möglichen Finalspiele in der SAP Arena vor bis zu 12.000 Zuschauern lässt ihn ins Schwärmen geraten. In der Arena gab es schon viele Events, aber die diesjährige Faustball-Weltmeisterschaft wird etwas Einmaliges sein.

Zum ersten Mal in der knapp 18-jährigen Geschichte dieser Multifunktionshalle wird eine Sportveranstaltung auf Naturrasen ausgetragen.

"Ich war schon oft in der Arena, habe Konzerte besucht oder mir Eishockey- und Handballspiele angeschaut und habe hautnah erlebt, wie die Stimmung sein kann. Was Größeres als diese WM gab es für mich als Faustballer bisher nicht – und wird auch danach nicht kommen."

Schools-Day

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Durch die Nähe zum eigenen Elternhaus, der Familie und den Freunden wird Trinemeier auf große Unterstützung zählen können. Beim Gruppenspiel gegen Italien am 24. Juli kommen auch seine Schüler*innen und Kolleg*innen. Der Sportlehrer hat die Idee eines "Schools-Day" während des Turniers mitinitiiert. Insgesamt werden rund 2.500 Schülerinnen und Schüler im Rhein-Neckar-Stadion erwartet.

Trinemeier hofft, dass diese Weltmeisterschaft nicht nur die Besucherinnen und Besucher begeistert, sondern eben auch viele Kinder und Jugendliche dazu animiert, diese Sportart auszuprobieren. Der Sportlehrer hat im vergangenen Jahr sogar ein Lehrbuch für die Sportart Faustball geschrieben. 

Lehrbuch für die Sportart Faustball

Trinemeier, das Mulitalent, das nicht nur professionell Faustball spielen kann, sondern auch unter die Autoren gegangen ist. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit an der Uni Heidelberg hat er eine Unterrichtseinheit für die Sportart Faustball erstellt und als Lehrbuch an Lehrer und Trainer verschickt. "Dann hat mich der Ehrgeiz gepackt und ich habe das Lehrbuch um weitere 60 Seiten erweitert. So kam eines zum anderen", erinnert sich Trinemeier an die Anfänge.

Das Buch ist in der Schriftenreihe für Bewegung, Spiel und Sport des Hofmann-Verlags erschienen und beinhaltet auf 120 Seiten viele nützliche Technikleitbilder, Übungen und Spielformen für den Schulsport und die Trainingsarbeit im Faustball. Eine Fortsetzung ist nicht ausgeschlossen – aktuell aber kein Thema. Jetzt gilt alle Kraft der WM-Vorbereitung. "Bis zum Eröffnungsspiel will jeder im Team in der besten Form seines Lebens sein. Dafür gilt es hart an sich zu arbeiten. Wir alle sind gefordert, alles dafür zu tun, damit wir topfit sind", sagt Trinemeier.

PRAXISideen: Faustball für Schule und Verein

Nick Trinemeier (Hrsg.): Hofmann Verlag/Schorndorf, www.hofmann-verlag.de, DIN A5, 120 Seiten, ISBN 978-3-7780-2731-8, Bestell-Nr. 2731, 19,90 Euro; E-Book auf sportfachbuch.de, 15,90 Euro.

Besondere Beziehung: Namibia

Die Gruppengegner sind Italien und die Schweiz. Das Auftaktspiel der WM am 22. Juli bestreitet Deutschland gegen Namibia. Mit dem afrikanischen Land verbindet ihn eine besondere Beziehung. 2011 war er für fünf Wochen in Namibia und half unterstützend als Jugendtrainer mit.

Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt. Einige Jungs, die gegen uns spielen werden, habe ich damals trainiert.
 

Nick Trinemeier bei den World Games | Bild: Valentin Weber

Der WM-Titel? Kein Selbstläufer

Gegen die Schweiz ging der letzte Härtetest am Pfingstsamstag mit einem 4:0-Sieg aus. Die Zielsetzung ist klar: "Wir wollen Weltmeister werden, natürlich wollen wir das", entgegnet Trinemeier auf Nachfrage. "Wir sind Titelverteidiger und spielen im eigenen Land. Da brauchen wir nicht tiefstapeln. Wir besitzen enorme spielerische Qualität. Wenn wir die auf den Rasen bringen, wird es schwer, uns zu besiegen. Aber wir wissen auch, dass es kein Selbstläufer wird."

Einen wichtigen Erfolgsfaktor sieht der 33-Jährige auch in der Geschlossenheit der Mannschaft. "Wir kennen uns mitunter sehr lange, halten zusammen, auch in schwierigen Situationen. Das hat uns in der Vergangenheit ausgezeichnet und das werden wir auch bei dieser WM so weiterführen", entgegnet Trinemeier, der am Ende des Gesprächs dann doch wieder richtig lachen kann und voller Stolz auf das WM-Turnier blickt: "Ich freue mich wahnsinnig. Wir wollen erfolgreich spielen und das Drumherum genießen. Es macht einfach Spaß mit diesen Jungs. Das ist ein richtig geiles Team."

Aktuelle Informationen zur Faustball-WM 2023 in Mannheim

Der aktuelle Stand beim Kartenverkauf, Suche nach Volunteers, der geplante Show-Auftritt am Abend im Festzelt oder Neuigkeiten zum Internationalen Jugendcamp: Hier gibt es für alle Fans die aktuellsten Informationen rund um die Faustball-WM in Mannheim.

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AUSGABE  International 03-2023 | Mehr Sport | Na klar wollen wir Weltmeister werden
AUTORIN   Stefanie Sandmeier