Fanfarenzug Greiz | Bildquelle: Fanfarenzug Greiz
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Fanfarenzug Greiz

Auf dem Dachboden fing alles an

Es ist nicht unbedingt das erste Instrument, das Kinder sich aussuchen, wenn ihre Eltern sie zum Musikunterricht schicken. Aber Fabian Buder ist der Fanfare treu geblieben, seit er als Erstklässler zum ersten Mal "ein bisschen da reingetutet" hat.

Das war 1995.

Heute ist Buder 34 Jahre alt und Vereinsvorsitzender des Fanfarenzugs Greiz. Und damit Teil der Mannschaft, die dem Klub im vergangenen Jahrzehnt zum sportlichen Aufstieg bis hin zu Medaillengewinnen bei den Weltmeisterschaften 2019 in Kanada verhalf. 

(Bild: Fanfarenzug Greiz. Fanfarenzug Greiz e. V.)

Signalinstrument der preußischen Kavallerie

Die Fanfare – auch Naturtontrompete genannt, weil sie nicht wie eine Trompete über Ventile verfügt und die Töne somit allein mit den Lippen erzeugt werden müssen – wurde um 1800 als Signalinstrument in der preußischen Kavallerie eingeführt.

Im klassischen Fanfarenzug werden die Bläser noch von Trommlern unterstützt, typischerweise kommen Hochtrommeln, früher Landknechtstrommeln genannt, und Flachtrommeln zum Einsatz. Heute gibt es Fanfarenzüge, die mit einer größeren Variation an Instrumenten arbeiten, um auch moderne Musik spielen zu können. Die Greizer sind allerdings noch ganz traditionell ausgerichtet, sie spielen typische Marschmusik.

Moderne Choreografien, neue Titel, erhöhter Trainingsumfang

Ein verstaubter Verein, der sich irgendwie ins Hier und Jetzt gerettet hat, ist der Greizer Fanfarenzug aber ganz und gar nicht.

Ab 2011 wurde auf die Teilnahme an internationalen Wettbewerben hingearbeitet, mit modernen Choreografien für die Bewegungsabläufe, neuen Titeln und einem erhöhten Trainingsumfang. Der Plan ging auf:

  • 2013 nahmen die Greizer zum ersten Mal an der Fanfaronade teil, dem wichtigsten europäischen Vergleich für Fanfarenzüge.
  • 2015 erreichte der Verein in der 2. Division Gold in der Kategorie Marsch und Silber in Show-Wettbewerb.

Im Jahr darauf gab es Doppelgold.
 

Silber und Bronze bei WM

2018 gelang bei einem internationalen Wettbewerb in Polen die Qualifikation für die WM 2019 in Kanada – dort eroberten die Greizer Platz drei in einem Trommelwettbewerb und Stabführer Robin Vogel, quasi der Dirigent des Ensembles, holte sich Silber in der Kategorie Drum Major Award. In Potsdam, Stausberg oder Dresden gibt es erfolgreichere Fanfarenzüge, die auch schon Weltmeister wurden, aber die Greizer waren zufrieden mit sich und ihrem sportlichen Aufschwung.

Doch dann verpasste die Corona-Pandemie dem Fanfarenzug einen gehörigen Dämpfer, vor allem bei der Nachwuchsgewinnung. Zehn- bis Zwölfjährige habe man aktuell gar nicht mehr in der 35-köpfigen Vereinsmannschaft, sagt Fabian Buder. Und die Trommler nehmen langsam überhand. Die Wettkampfstärke eines Fanfarenzugs liege bei 25 Musikern, optimal sei ein Drittel Trommler und zwei Drittel Fanfaren-Bläser. Zuletzt habe man aber auch eine 50:50-Aufteilung akzeptiert, denn die Trommeln sind als Instrument beliebter als die Fanfaren.  

2018 gelang bei einem internationalen Wettbewerb in Polen die Qualifikation für die WM 2019 in Kanada.

Heim-WM 2024

Das soll sich nun wieder ändern.

Eine intensive Nachwuchs-Akquise ist genauso geplant wie weiterer sportlicher Erfolg. Die nächste WM findet 2024 im niedersächsischen Rastede statt. Besser geht es kaum, die Reisekosten wären überschaubar.

Und eine weitere WM-Teilnahme wäre ein perfekter Höhepunkt im Jubiläumsjahr für die Greizer, denn 2024 wird ihr 1964 von Eberhard Andreä gegründeter Fanfarenzug 60 Jahre alt.

Internationales Niveau

Andreä fand damals auf dem Dachboden der Goetheschule in Greiz alte Fanfaren und Trommeln und begann, diese mit seinen Schülern zu nutzen. Zunächst gab es kleinere Auftritte zu Schulapellen, dann ging es über Bezirks- und Landesmeisterschaften bis hin zur ersten DDR-Meisterschaft 1978, wo der junge Verein Dritter wurde. Man gehörte der Sonderklasse des deutschen Turn- und Sportbundes der DDR an und gehörte damit über Jahre zu den acht besten Fanfarenzügen der DDR. Nach der Wiedervereinigung und dem Wechsel unter das Dach des Deutschen Turner-Bundes konzentrierte man sich zunächst gut zehn Jahre auf die Teilnahmen an den Landesmeisterschaften in Thüringen. Dann meldete sich der sportliche Ehrgeiz und es begann der Aufstieg bis auf internationales Niveau.

Was ihn seit bald 30 Jahren begeistert?

"Das soziale Miteinander, die Freundschaften, die gemeinsamen Erlebnisse", sagt Fabian Buder. Deshalb ist ihm auch nicht bange um seinen Verein. Er sei guter Dinge, dass nach den schwierigen Corona-Jahren nun wieder neuer Nachwuchs begeistert werden kann. Und dass es sportlich weiter bergauf gehen wird. Bei der Fanfaronade am 16. September in Groitzsch bei Leipzig gilt es in diesem Jahr, das Ticket für die WM 2024 zu sichern. Dann wäre der Weg bereitet für ein erfolgreiches Jubiläumsjahr 2024 des Greizer Fanfarenzugs.

AUSGABE  Musik 01-2023 | Mehr Sport | Auf dem Dachboden fing alles an
AUTORIN   Susanne Rohlfing