Leipziger Trommler Corps | Bildquelle: DTB Archiv
Historisches

Turner im Freiheitskampf

Wie die Musik zu den Turnern kam

Im Herbst 1989 bei der Revolution in der DDR spielten die Turner keine Rolle. Beim Freiheitskampf 1813 gegen die Besatzung Deutschlands durch Napoleon waren Turner mit dabei. Blicken wir zurück.

Die Hasenheide | Bildquelle: DTB Archiv

(Bild: Die Hasenheide. DTB Archiv)

Die Turnidee

Turnen war von Anfang an mehr als Körperertüchtigung. Turnvater Friedrich Ludwig Jahn errichtete 1811 in Berlin auf der Hasenheide einen Turnplatz. Dort sollten junge Männer Körper und Geist für den Kampf gegen die französischen Besatzer schulen. Die Turnidee breitete sich über die deutschen Staaten aus und es kam zur Gründung von Turngemeinden.

Als der preußische König Friedrich Wilhelm 1813 in Breslau mit dem Aufruf "An mein Volk" zur Volkserhebung gegen die Besatzung aufrief, waren die Turner willkommene Freiheitskämpfer. Dem Aufruf folgten viele Akademiker, Intellektuelle und Handwerker und bildeten Freikorps, die die napoleonischen Besatzer blockierten. Das bekannteste Freikorps war das von Major von Lützow mit 3.000 Freiwilligen. Jahn diente bei den Lützowern zusammen mit Turnkunstbegründer Friedrich Friesen, dem Dichter Joseph von Eichendorff und dem Schriftsteller Carl Theodor Körner.
 

Ein Dichter als Freiheitskämpfer

Carl Theodor Körner war bereits ein bekannter Dichter, als er in das Lützowsche Freikorps eintrat. Sein Gedicht "Lützows wilde verwegene Jagd" wurde später von Carl Maria von Weber vertont und zu einem bekannten Stück. Die Lützower Jäger färbten ihre eigenen Kleider schwarz und brachten rote Aufschläge und goldene Knöpfe an, heute die Farben der deutschen Fahne. Am 26. August 1813 wird Körner bei einem Überfall auf eine französische Nachschubeinheit tödlich von einer Gewehrkugel getroffen. Er wurde nur 23 Jahre alt und bald als Held verehrt.
 

Lützows wilde verwegene Jagd


Was glänzt dort vom Walde im Sonnenschein?
Hör´s näher und näher brausen.
Es zieht sich herunter in düsteren Reih´n,
Und gellende Hörner schallen darein
Und erfüllen die Seele mit Grausen.
Und wenn ihr die schwarzen Gesellen fragt:
Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd.
 
Carl Theodor Körner 
(* 23. September 1791 in Dresden; † 26. August 1813 im Forst Rosenow bei Lützow)

 Gründungsfoto des Spielmannszuges Deutsche Eiche Hirschfeld / Brandenburg 1906 | Bildquelle: DTB Archiv

 

Revolution von 1848 und die ersten Trommler

Nach der Niederlage Napoleons setzte die Phase der Restauration der alten Mächte ein und das Turnen wurde bis 1842 verboten, weil es den Machthabern zu bedrohlich erschien. Doch danach zeigten sich die Turner wieder bei öffentlichen Ausmärschen und zum An- und Abturnen. Damit begann im Vormärz, das ist die Zeit die der Märzrevolution von 1848 vorrausging, die zweite Entfaltungsperiode der Turnbewegung.

Neben den Leibesübungen gehörten zum Turnen auch Spiele an Turngeräten, gemeinsame Wanderungen und das Singen.

Als sich Turner 1848 der revolutionären Bewegung zur Erringung der deutschen Einheit anschlossen, werden Turnertrommler und Hornisten erstmals erwähnt. Man brauchte nämlich beim "Wehrturnen" (Exerzieren und Schießen) zur Betonung des Marschtaktes Trommeln und bei Gefechtsübungen Hörner.

In Hanau schließen sich 1848 Turner zum Deutschen Turnerbund zusammen. Die Revolution wurde niedergeschlagen und danach manche Turnvereine erneut verboten oder überwacht und Turner politisch verfolgt. Viele damals aktive Turner wie Gustav Struve, Friedrich Hecker und Wilhelm Pfänder flohen vor der Reaktion und gingen nach Amerika.
 

 

Vom Trommlerkorps zum Spielmannszug

Nach der Niederschlagung der 1848er Revolution wurde das Turnen politisch gemäßigter. Ab 1860, zu dieser Zeit gab es 241 Turnvereine mit 23.670 Mitgliedern, fand die Nationalbewegung für ein einiges Vaterland neuen Zustrom. Deutschland bestand damals aus 35 Staaten, die im Deutschen Bund zusammengeschlossen waren. Dieser Zustand, der von Jahn als Kleinstaaterei bezeichnet wurde, sollte überwunden werden.

Als sich die Turner 1863 zum 3. Deutschen Turnfest in Leipzig trafen, führte eine beeindruckende Schar von 50 Turnertrommlern den Festzug an. Kein Wunder, dass von diesem Turnfest ausgehend die Verbreitung des Spielmannswesens in den Turnvereinen angestoßen wurde. Ab 1872 gab es auch Pfeifer und es bildeten sich Spielmannszüge, die zu dieser Zeit aus kleinen Einheiten mit vier Pfeifern und vier Trommlern und einem Stabführer bestanden. 
 

1920 ATL Lüneburg | Bildquelle: DTB Archiv

AUSGABE  Musik 01-2023 | Historisches | Wie die Musiker zu den Turnern kamen
AUTOR       Holger Scheel