Drums Alive | Bildquelle: Privat
Fit & Gesund

Wie aus Frustabbau die Bewegung einer Bewegung wurde

Trommeln im Blut

In einem geräumigen Fitnessraum, der vom warmen Schein der Deckenlampen erhellt wird, versammelt sich eine bunt gemischte Gruppe von Frauen und Männern. Die Gruppe bildet einen Kreis um eine Reihe von großen, bunten Gymnastikbällen. Alle greifen zu ihren Trommelstöcken, bereit, sich in die rhythmische Welt von "Drums Alive®" zu stürzen. Mit einem synchronen Nicken beginnt die Musik, ein pulsierender Rhythmus, der die Luft elektrisiert. Die ersten Schläge treffen die Gymnastikbälle, und ein Crescendo aus Klängen erfüllt den Raum. Die Luft ist erfüllt von der Energie und dem Klang der Trommeln.

Frauke und Sharon Jackson - die Gesichter von Drums Alive® in Deutschland

Die Akteure bewegen sich mit einer Mischung aus Energie und Anmut, während sie ihre Drumsticks auf die Gymnastikbälle prallen lassen. Einige lassen sich von der Musik mitreißen, schließen die Augen und tauchen vollständig in den Rhythmus ein, während andere mit einem entschlossenen Blick und schwingenden Armen die Intensität der Beats verstärken. Schweißperlen glitzern auf der Stirn der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ihre Atemzüge werden schneller. Aber sie lassen nicht nach. Mit jedem Schlag scheinen sie sich mehr zu verausgaben, ihren Körpern erlaubend, sich dem Rhythmus hinzugeben und die Grenzen ihrer Ausdauer zu testen.

So oder so ähnlich passiert es regelmäßig, wenn Frauke und Sharon Jackson irgendwo auftauchen. Sie sind die Gesichter von Drums Alive® in Deutschland. Frauke kümmert sich als gelernte Verwaltungsfachangestellte darum, Fortbildungen zu koordinieren, Projekte zu entwickeln, das Videoportal oder Websites zu erstellen. Die gebürtige Engländerin Sharon ist Diplom-Sportlehrerin von Beruf, leitete jahrelang eine Sportschule und ist heute für den sportfachlichen Hintergrund in einem Verein im nordrhein-westfälischen Höxter verantwortlich. "Zusammen sind wir die Jackson Two", flachst die 64-Jährige, die seit 2007 mit Frauke verheiratet ist. Referentinnen beim DTB sind sie bereits seit 1996.

Anfang des Jahrtausends entdeckten die Beiden Drums Alive® auf der Fitnessmesse Bodylife in Karlsruhe. "Und dann haben wir mit Carrie Ekins, die damals mit zwei Nichten auf der Bühne stand, eine Einheit mit gemacht. Und waren sofort hin und weg", erinnern sich die Beiden.

Am Anfang waren die Umzugskartons

Carrie Ekins war damals bereits eine bekannte Größe in der Aerobic- und Tanzszene. Sie war viel mit verschiedenen Konzepten unterwegs, die in den 90er Jahren gerade populär waren. "Aber Drums Alive® hat sie erfunden, als sie selbst schwer hüftkrank war. Aufgrund einer Operation war sie frustriert im Rollstuhl gelandet. Diese Frustration hatte sie in ihren Keller verbannt, wo sie mehr oder minder zufällig auf Drumsticks und ein paar alte Umzugskartons stieß. Und irgendwann hat sie begonnen, ihren Frust damit herauszutrommeln", erzählt Frauke die Geschichte der Amerikanerin mit Homebase in Augsburg. 

Später habe Carrie die Kartons durch Bälle ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt sei in ihrem Kopf die Idee von Drums Alive® entstanden. "Jedes Mal, wenn sie sich mit ihren Trommelstöcken auf dem Ball verausgabt hatte, fühlte sie sich so ausgelassen, so zufrieden, so relaxed, so runtergefahren, dass sie angefangen hat, das Phänomen mehr und mehr zu erforschen", erzählt Frauke die Geschichte weiter. Carrie's Vision war es nun, eine Trainingsmethode zu entwickeln, die nicht nur effektiv ist, sondern auch eine positive und motivierende Erfahrung bietet und für Jeden und Jede umsetzbar ist.

Frauke und Sharon, die zu dieser Zeit gerade selbst dem DTB ein Konzept für "Kids in Action" anboten, waren so angetan von Carrie's Einsatz, dass sie Dr. Gudrun Paul von der DTB-Akademie davon berichteten. "Sie hat uns sofort vorangedrängt und gesagt, Ihr kauft sofort Trommelschläger, das müsst Ihr in Euer Konzept übernehmen", erzählt Sharon. 

So besorgten sich die beiden Frauen Trommelschläger und gingen mit Drums Alive® erst einmal ihren eigenen Weg. "Wahrscheinlich hat uns Carrie damals auch ein Stück weit als Konkurrenz gesehen. Weil sie dachte, wir klauen ihr Konzept und bieten es an", sagt Frauke. Dennoch fanden die Drei 2008 zum ersten Mal zusammen, um gemeinsame Veranstaltungen zu machen.

Sharon erzählt begeistert von den Einsätzen in Brasilien 2010 und 2012, sowie in Amerika 2015 und China 2019 und in den verschiedenen europäischen Ländern, die über die Jahre die Drums Alive® Erfahrung unheimlich bereichert haben.

Die komplette Administration für Drums Alive® Europa übernahmen die Beiden ab 2012.

Erfolgreich nicht nur im Fitness- und Therapiebereich

Die Popularität der Bewegung stieg in der Folge kontinuierlich. "Wir sind im Kleinen gewachsen, auch was unsere Zielgruppen angeht. Wir wurden jetzt nicht aus dem Boden gestampft wie zum Beispiel Zumba und konnten Millionen in ein Marketingkonzept investieren", schildert Frauke die damalige Entwicklung. Anfänglich hätten sie das Konzept daher auch nur Fitnessleuten angeboten. "Weil wir dachten, das ist unser Markt", sagt sie. Doch damit unterschätzen sie die Wirkungsbreite von Drums Alive® gehörig. "Seit einigen Jahren sind wir nun auch im Therapiebereich unterwegs. Also in Reha-Kliniken, bei Physiotherapiepraxen und Ähnlichem. Dieser Bereich hat sich zuletzt auch auf Schulen und Kindergärten ausgedehnt, wo wir inzwischen auch sehr gefragt sind. Darüber sind wir natürlich sehr froh und dankbar", sagt die 53-Jährige.

Auf Trommeln ausdrücken

Dass Drums-Alive-Erfinderin Carrie Ekins durch ihre Kreativität, Entschlossenheit und ihr hartnäckiges Engagement für die Gesundheit und das Wohlbefinden letztlich einen bedeutenden Beitrag zur Fitnessindustrie geleistet hat, zeichnet sich immer mehr ab. Sie hat eine ganze Bewegung inspiriert und Menschen dazu ermutigt, aktiv zu werden, Spaß zu haben und sich durch Trommeln auszudrücken. "Der Eine geht mit Drums Alive® raus, um einfach ein Fitnessprogramm, ein Herz-Kreislauf-Training anzubieten. Das waren auch die Ergebnisse unserer verschiedenen Untersuchungen. Es bringt die Leute physiologisch, psychologisch und im Bereich zentrales Nervensystem weiter", erklärt Frauke. Das bedeute, Drums Alive® spiele seine Stärken sowohl im normalen Fitnessbereich mit Sauerstoffaufnahme-Verbesserung und Herz-Kreislauf-System-Besserung aus. "Und hilft so schlussendlich, das Immunsystem zu verbessern und dem zentralen Nervensystem, rechte und linke Gehirnhälfte zu verknüpfen", erklärt sie.

Ein extrem vielseitiges Konzept

Dennoch könne man daraus nicht so ohne Weiteres eine Zielgruppe oder Zielgeschichte ableiten. "Es ist ganz die Frage, wo die Menschen herkommen. Derjenige, der in einer Reha-Klinik arbeitet, ist froh, wenn er mit Drums Alive® einen Alzheimer-Patienten vielleicht mal eine halbe Stunde in die Fokussierung bringen kann.

Oder einen Parkinson-Patienten fünf Schritte am Stück gehen lassen kann. Dem ist dabei das Herz-Kreislauf-Training natürlich total unwichtig", weiß Frauke.

Drums Alive® sei eben schon ein sehr vielseitiges Konzept, an seine Grenzen sind die Beiden auch im therapeutischen Bereich noch nicht gelangt. "Wir sind dort gerade an einer Schnittstelle angekommen, so dass wir uns auch getraut haben, mit einem Kooperationspartner an den medizinischen Fortbildungsinstituten zusammenzuarbeiten, wo wir wirklich das verschiedenste Klientel kriegen", sagt sie. 

Auf diese Weise erhält das Konzept das Feedback von Ergotherapeut*innen, Logotherapeut*innen und Physiotherapeut*innen. Aber auch von denen, die mit geistig und körperlich Behinderten oder mit Depressionspatienten arbeiten. "Und die Rückmeldung dort ist tatsächlich, dass sie nicht ausschließlich auf dem Ball trommeln. Aber sie können sich allesamt gewisse Bausteine aus dem Konzept rauspicken", sagt Sharon. 

Durch den Einsatz von Drums Alive® in der Therapie begriffen Frauke und Sharon, dass es aufgrund dessen Vielfältigkeit eines anderen Ansatzes benötigte, wollten sie diese Zielgruppe optimal erreichen. "Wir haben gemerkt, dass wir offenbar während der Corona-Zeit noch einen viel größeren Kreis erschlossen haben, der aber erst einmal mit den Basics zufrieden ist. Wir mussten also zusehen, dass wir die Leute nicht mit unserer Vielfalt erschlagen. Unsere Basis ist daher nun die Grundausbildung plus ein paar Tagesspecials, mit denen wir auf den Zielgruppenbedarf eingehen", sagte sie.

Mathematik in Bewegung? Warum nicht!?

Während sich die Beiden mit Programmen wie "Kids Beats", "Bambini Beats" oder "Golden Beats" beschäftigen, sprüht auch Erfinderin Carrie weiterhin vor Kreativität. "Ich glaube, für sie ist Drums Alive® niemals ausgeschöpft", sagt Sharon und berichtet von nahezu endlosem Material. "Es gibt noch viel mehr Konzepte, die schon fertig sind, die wir hier in Deutschland noch gar nicht übersetzt haben", sagt sie. Denn primär habe Carrie ja erst einmal für den amerikanischen Markt gearbeitet. "Da geht es auch um ganz spezielle Sachen. Mathematik in Bewegung, Rhythmus in Bewegung, Sprache in Bewegung, Naturwissenschaften in Bewegung - alles gehört zu dem DRUMTASTIC® Konzept", erklärt sie.

Und so sieht auch das Duo aus dem Weserbergland sich und Drums Alive® noch lange nicht am Ende der Mission. "Aus meiner Sicht wäre es aber ein großer Meilenstein, wenn wir uns noch mehr in Reha-Kliniken mit erfolgreichen Ergebnissen etablieren könnten. Wenn wir unser Ziel erreichen, dort regelmäßige Inhouse Schulungen zu machen. Und somit Menschen wirklich auf einen gesünderen Weg helfen", hofft Frauke. Und somit auch das Trommeln auf Gummibällen in die Köpfe von noch mehr Instruktor*innen zu bringen. "Sie davon zu überzeugen, es regelmäßig in ihrem Verein, ihrem Fitnessstudio, der eigenen Physiopraxis oder in der Schule anzubieten. Damit noch mehr Leute wissen, es ist da. Ich kann dorthin gehen. Ich kann es machen. Und es tut mir gut", sagt sie.

 

Drums Alive® ist das originale, forschungsbasierte Brain Body Trommel, Bewegung und Musik-Programm. Das ganzheitliche Workout verbindet einfache, aber dynamische Bewegungen mit dem pulsierenden Trommelrhythmus. 

Drums Alive®-Instructor

AUSGABE        Fitness 01-2024 | Fit & GesundTrommeln im Blut
AUTOR             Nils B. Bohl