Yoga mit Corinna Michels | Bildquelle: SWF
Fit & Gesund

Ausbilderin und Presenterin Corinna Michels

Den Beruf mit dem Herzen gewählt

Corinna Michels wollte Lehrerin am Wirtschaftsgymnasium werden. "Ich war aber immer offen für andere berufliche Wege. Manchmal öffnen sich einfach berufliche Türen und Wege, die man so gar nicht geplant hatte", sagt die 56 Jahre alte Ausbilderin und Presenterin des Deutschen Turner-Bundes (DTB). Intuition und zufällige Begegnungen, sagt sie, hätten sie dahin gebracht, wo sie heute stehe. "Wobei ich nicht daran glaube, dass es Zufall ist. Ich lasse mich begeistern und gehe dann ganz bewusst den Weg, der sich ergibt", erklärt sie. 

Dieses Bild zieht sich durch ihre gesamte berufliche Karriere. Denn Michels hatte – anders als einige ihrer Kollegen – nicht von vorneherein das Ziel als Ausbilderin oder Presenterin zu arbeiten. Diese Perspektive habe sich erst mit der Zeit entwickelt.

Es war wahrscheinlich viel Intuition dabei, wobei mir das damals in jungen Jahren gar nicht so bewusst war. Ich bin einfach immer meiner Leidenschaft gefolgt, glaubt sie heute.

Lebenslanges Lernen

Bereut hat sie diese Entscheidung nicht. Denn in ihrem Job bringt sie Menschen noch immer viel über Sport bei.

"Immer wieder gibt es neue Erkenntnisse und damit neue Ansichten über Trainingsmethoden und Trainingsinhalte, die wir mit der Zeit gewinnen. Das finde ich spannend und macht mir Spaß. Es ist von Anfang an ein lebenslanges Lernen und die Frage, wie ich diese Inhalte an andere weiter vermitteln kann", betont sie.

Berufung wird Beruf

Einer von Michels Studienfreunden, der später für eine Zeit ihr Ehemann werden sollte, übernahm schließlich ein Sportstudio in Heidelberg. Daraufhin kaufte sie die Geschäftsanteile und brachte immer wieder neue Inhalte ein. Gemeinsam leiteten die beiden das Studio während ihrer Ehejahre. Spätestens da wurde Corinna Michels‘ Berufung zum Beruf.

"Dieses Privileg haben nicht viele", findet sie. 

Absicherung, Bezahlung, Honorierung, Arbeitszeiten

Doch es gibt auch die andere Seite der Medaille: Die Absicherung. Bezahlung und Honorierung waren mit dem Beruf der Lehrerin nicht zu vergleichen. So haben viele ihrer Kollegen neben der Arbeit als Ausbilder*in auch noch andere Standbeine, um nicht allein auf das Honorar aus dem Sport angewiesen zu sein, wie die hauptberufliche Personal Trainerin es als Selbstständige ist.

Hinzu kommt auch, dass die Arbeitszeiten alles andere als familienfreundlich sind. "In diesem Beruf war man schon immer viel an Wochenenden unterwegs. Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sogar noch etwas verstärkt. Wenn andere frei haben, arbeite ich", sagt sie. Als junger Mensch sei das spannend gewesen. Doch mit dem zunehmenden Alter und dem Wachstum ihrer Familie, fielen der Mutter die Erfordernisse des Berufs oft nicht leicht. 
"Diesen Job und meine Sehnsucht nach Familienleben zu vereinen, das war schon… puh", erinnert sich die Alleinerziehende mit etwas Wehmut in der Stimme.

Wertschätzung macht glücklich

Die Begeisterung für das Lehren und die verschiedenen Trainingsmöglichkeiten spornten sie jedoch weiter an. "Hier muss ich kaum Motivationsarbeit leisten, wie ich es in der Schule hätte tun müssen. Die meisten Menschen, mit denen ich arbeite, haben Lust zu lernen. Ich begleite diese Menschen ja oft über einen längeren Zeitraum bei ihrem Lernprozess und bekomme jeden Tag so viel Energie von ihnen zurück, das ist einfach etwas Besonderes. Da möchte ich dann auch einfach mein Bestmögliches geben“, erklärt sie ihre Begeisterung für den Job. Vor allem die Wertschätzung, die ihr entgegengebracht werde, mache sie glücklich. Und selbst wenn es sie ihre Wochenenden koste, so komme sie doch jedes Mal erfüllt aus ihnen zurück. 

Fakt ist: Der Job, den Corinna Michels tagtäglich macht, ist anspruchsvoll. Und beileibe nicht für jeden etwas. Ob der Job passe, sagt sie, komme wohl auf den Menschen und seine aktuelle Lebenssituation an. "Ich habe mir natürlich schon die Frage gestellt, ob ich alles noch einmal genau so machen würde", räumt sie ein und wirkt ein wenig nachdenklich. "Ich muss zugeben, ich habe auch viel Leben auf der Strecke gelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es nochmal so wollte. Das Verhältnis von Arbeit und Familie/Freunden war zwischenzeitlich nicht optimal. Das würde ich heutzutage definitiv anders handhaben und versuchen, da eine bessere Balance zu finden", gibt sie zu. 
 
In ihren Worten lässt sich kein Zweifel am zurückgelegten Weg heraushören. Dennoch weht ein Hauch von gesunder Selbstkritik in ihren Worten mit. Die damals verpassten Momente, sagt sie, wären für sie heute wichtiger als das ein oder andere Arbeitswochenende. "Allerdings habe ich diesem Sport und dem Fitnessbereich auch unglaublich viel zu verdanken und kann jetzt mit Mitte fünfzig sagen: Ich durfte so viele tolle Sachen mit dem Sport erleben", fügt sie hinzu.

Und das ist tatsächlich nicht übertrieben.

Mit ihrer Salsa-Aerobic-Gruppe durfte sie zum Beispiel beim ZDF-Fernsehgarten und der SWR Fernsehsendung "Kaffee oder Tee" teilnehmen.

"Zu dem Zeitpunkt war es ein ganz großes Wir-Gefühl im Verband, das mich beeinflusst hat." Die Zusammenarbeit mit Gudrun Paul, der damaligen Projektmanagerin des DTB, sei für sie in vielerlei Hinsicht eine prägende Erfahrung gewesen. "Sie transportierte immer das starke Gefühl Teil einer Gemeinschaft zu sein", erklärt Michels. Ein Gefühl, das die Badenerin heute etwas vermisst. "Es braucht Menschen wie Gudrun Paul, die sich in diese Zone zwischen Organisation und Referenten begeben und versuchen das Beste für beide Seiten zu erreichen", wünscht sich die Presenterin.

Denn eines ist klar: Ihre Begeisterung für den Sport wird Corinna Michels in naher Zukunft sicher nicht verlieren. Sie wird weiterhin viele spannende Projekte begleiten.

Ich habe meinen Beruf mit dem Herzen gewählt und genau so sollte es sein,

blickt sie gerne auf ihre Karriere ohne jeden Groll zurück.

AUSGABE  Karriere 03-2022 | Fit & Gesund | Beruf mit Herz
AUTORIN   Yara Schroff