Lukas Dauser an den Ringen | Bildquelle: Picture Alliance
Turn-Team Deutschland

Erfolgshungrig in die Heimat

Lukas Dausers Rückkehr

Der Landessprache bei den Europameisterschaften 2022 ist Lukas Dauser in jedem Fall mächtig. "Ich spreche eigentlich ganz gerne und auch ganz gut bayerisch", verrät Lukas Dauser. Dass der gebürtige Oberbayer mittlerweile im Normalfall doch sehr hochdeutsch klingt, ist wohl den acht Jahren in Berlin geschuldet.

Aber wenn ich zwei, drei Tage zuhause bei meinen Eltern bin, dann kommt es raus, ohne dass ich es merke.

Wo genau er die Nachricht über den Zuschlag Münchens für die European Championships zum ersten Mal erhalten hat, weiß Dauser nicht mehr. Was ihm durch den Kopf ging dagegen schon: "Ich dachte mir, wow, das ist natürlich megageil. Das ist ein Ziel, auf das man hinarbeitet. Da will ich unbedingt dabei sein", erinnert er sich.

Schließlich sei es schon cool, wenn man ein Groß-Event im eigenen Land habe. "Aber wenn es, wie bei mir jetzt, in der Heimatstadt stattfindet, dann ist das noch einmal das i-Tüpfelchen", erklärt er.

EM - zweiter Wettkampf in der Heimat

Für Dauser wird die EM erst der zweite Wettkampf seiner Karriere in der Heimatstadt sein. 2021 qualifizierte er sich in der Olympiahalle für die Olympischen Spiele in Tokio. Von dort brachte er die Silbermedaille am Barren mit nach Hause. Nach EM-Silber 2017 (Cluj/Rumänien) und EM-Bronze 2021 (Basel/Schweiz) wird er bei den Europameisterschaften in München nun die Chance haben, mit dem eigenem Publikum im Rücken zum dritten Mal europäisches Edelmetall zu gewinnen.

Den Olympiapark kennt Dauser bereits gut. "Allein die ganze Anlage ist faszinierend. In diesen Sportstätten brennt irgendwie noch immer dieses olympische Feuer", findet er.

Dass das nach so langer Zeit noch spürbar sei, zeige, dass die Spiele tatsächlich nachhaltig waren. "Von daher waren es sehr gelungene Olympische Spiele, von denen heute noch immer viele Sportarten profitieren."

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Sport stärker als der Terror

Doch auch mit dem dunklen Kapitel der Spiele von 1972 hat sich Dauser beschäftigt.

"Ich kenne es natürlich auch nur von Erzählungen. Was da aber ganz krass herausgekommen ist, vor allem nach dem Attentat, ist, dass der Sport sich nicht dem Terror beugt. Dass er stärker ist", glaubt er.

Auf einer Veranstaltung hat sich Dauser unlängst mit dem Dolmetscher des israelischen Olympiateams von damals unterhalten. "Er war direkt mit dabei, als der Anschlag passierte. Das war schon sehr berührend", sagt Dauser.

Dass die Spiele damals fortgesetzt wurden, ist für ihn eine richtige Entscheidung. "Ich glaube, das war genau das richtige Zeichen, dass der Terror keinen Platz in unserer Gesellschaft hat. Das war ein gutes Zeichen", betont der 29-Jährige.

Wieder politisch unruhige Zeiten

Wie die Spiele von 1972 finden auch die Europameisterschaften 2022 in politisch unruhigen Zeiten statt. So werden Athletinnen und Athleten aus Russland und Weißrussland bei den Titelkämpfen aus den bekannten Gründen fehlen. Dass dieser Umstand Dausers den Weg auf das Siegerpodest vereinfachen könnte, verneint dieser so klar wie bestimmt. "Bei den Medaillen, die ich bisher gewonnen habe, war nie ein Russe oder Weißrusse vor mir. Ich würde sagen, dass das sich für mich in der Konkurrenz am Barren nicht auswirken wird", erklärt er.

Ohnehin sei ihm diese Art der Rechnung ein bisschen zu billig. "Ich denke gar nicht so in Medaillen, Podesten oder Platzierungen. Was für mich zählt, ist, dass ich meine Leistung bringe. Und am Ende sagen kann, ich habe alles gegeben und bin zufrieden", sagt er und fügt hinzu: "Natürlich weiß ich, dass ich vorne mitspielen kann, wenn ich das bringe. Aber da spielen so viele Faktoren mit hinein. Ich bin kein Hellseher, der sagen kann, was passiert."

Die einzige Prognose, auf die Dauser sich einlassen will, ist dafür sogar ein Versprechen: "Ich werde versuchen, meine bestmögliche Übung zu turnen. Und den Rest entscheiden dann die Kampfrichter", sagt er.

AUSGABE  München 04-2022 | Turn-Team Deutschland | Erfolgshungrig in die Heimat 
AUTOR       Nils B. Bohl