Turnsymbole | Bildquelle: DTB
Historisches

Frisch, fromm, fröhlich, frei

Symbole der Turnbewegung

Turnen ist eine Bewegungskultur, kann aber auch als nationales Kommunikationssystem verstanden werden, das sich in Haltung und Bewegung verkörpert und zahlreiche Symbole, Rituale und Inszenierungen sowohl zur Verstärkung des Wir-Gefühls, als auch zur Außendarstellung und zur Werbung für das Turnen entwickelt hat. 

(Turnkleidung. Bild: DTB-Archiv)

Symbole der Turnbewegung: graues Leinen und grüne Eichen

Eines der wichtigsten Erkennungszeichen der Menschen ist die Kleidung, sie ist Teil der Konstruktion von Identität und Image und mit zahlreichen Botschaften verknüpft. Die Anhänger Jahns trugen zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf dem Turnplatz einfache Kleidung aus grauem Leinen, welche mit dem "turnbrüderliche Du" Standesunterschiede verschwinden lassen und die jungen Männer in einem "Gemeingeist" vereinen sollte. Außerhalb des Turnplatzes empfahl Jahn den "deutschen Rock", der im Alltag die Zugehörigkeit zur Turnbewegung signalisierte. Auch wenn sich in der Folgezeit die Turnkleidung immer wieder veränderte, die "Gleichtracht" ist bis heute Erkennungszeichen einer Mannschaft, eines Vereins oder Verbandes. 

Das am weitesten verbreitete Symbol der Turner war die Eiche. Sie durfte bei keinem Auftreten und auf keinem Objekt fehlen: Eichenlaub rankte sich auf den Schriften und Fahnen, Urkunden und Pokalen, schmückte die Kleidung und zierte die Kränze, mit denen die Turnfestsieger geehrt wurden. Die deutsche Eiche symbolisierte Stärke, Treue, Deutschtum und auch das Turnen.

Farben der Turner: Schwarz-Rot-Gold oder Weiß-Rot  

Zu den emotional aufgeladenen Zeichen gehören Fahnen, deren Bedeutung sich durch weitere Symbole, vor allem Texte und Bilder sowie den verwendeten Farben, erschließt. In der Turnbewegung wurden verschiedene Farbkombinationen verwendet: Verbreitet waren die Farben der deutschen Nationalbewegung Schwarz-Rot-Gold. Sie galten als "deutsche Farben" und sollten an das mittelalterliche "Reichspanier" erinnern. Neu waren die Turnerfarben Rot und Weiß, die nach den Regeln der Farbsymbolik Rosen und Lilien, d.h. Freude und Unschuld symbolisieren. Rot sollte für frisch und fröhlich, Weiß für frei und fromm stehen. 

Die deutschen Nationalfarben fanden bei den Turnern immer wieder großen Anklang und dominierten 1848 und 1849 auf Versammlungen und Turnfesten. Beim ersten Deutschen Turnfest 1860 in Coburg prägten schwarz-rot-goldene Fahnen das Bild des Festes.

Nach der Gründung des deutschen Nationalstaates 1871 waren die preußischen Farben Schwarz und Weiß, ergänzt durch das Rot der Hansestädte die Farben des neuen Deutschen Reiches. Die Turner setzten im Kaiserreich auf die Treue zu Kaiser und Reich; die Farben der deutschen Nationalbewegung verschwanden daher seit etwa 1880 aus ihrer Symbolwelt. Als die Farben Schwarz-Rot-Gold die Nationalfarben der Weimarer Republik wurden, demonstrierten die Turner ihre Distanz zum ungeliebten Staat durch die Verwendung der Turnerfarben Rot-Weiß.

Das 1953 gestiftete Banner des Deutschen Turner-Bundes legt mit seinen Farben Schwarz-Rot-Gold ein Bekenntnis zur turnerischen Tradition, aber auch zur Bundesrepublik ab.

Der Gruß der Turner: ´Gut Heil´ 

Nach dem Ende der "Turnsperre" in den 1840er Jahren veränderten sich die Bedingungen, die Ziele und auch die Organisation des Turnens. Turnen musste daher neu definiert, Auftreten und Verhalten, Zeichen und Rituale mussten neu festgelegt werden. Besondere Bedeutung hatte das Grüßen als Erkennungszeichen und als Bekenntnis. Als Turnergruß setzte sich nach einigen Auseinandersetzungen ´Gut Heil‘ durch, der bereits im Mittelalter verwendet wurde. Von den Turnern scheint der Gruß 1840 zum ersten Mal gebraucht worden zu sein. In der Folgezeit wurde Gut Heil schnell zum "Codewort" der Turner, das Turnfestkarten, Abbildungen und Zeitschriften schmückte. Die Ähnlichkeit mit dem nationalsozialistischen Gruß führte in der Nachkriegszeit zum Verschwinden dieser Turnertradition.

Der Turnerspruch: Frisch, fromm, fröhlich, frei

"Frisch, frey, fröhlich und fromm - das ist des Turners Reichthum", meinte einst Friedrich Ludwig Jahn. Der Spruch sollte die "Tugenden" der Turner einprägsam zusammenfassen und das Turnen gleichzeitig mit der deutschen Vergangenheit verbinden.

Während sich die Turner problemlos mit "frisch und fröhlich" identifizieren konnten, war die Bedeutung von frei und vor allem von fromm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Thema heißer Debatten.

Für die republikanisch eingestellten Turner, die sich in der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts formierenden Nationalbewegung engagierten, war Frömmigkeit im Sinne von Kirchen- und Obrigkeitshörigkeit kein Ideal, sondern ein rotes Tuch. Sie bekannten sich daher nur zu frisch, fröhlich und frei.

Im Gegensatz zur Frömmigkeit hatte die Freiheit ihren festen Platz im Turnerwahlspruch. Sie veränderte allerdings ihre Bedeutung in Abhängigkeit vom politischen Kontext. Im Vormärz und während der Revolution 1848/49 wurde "frei" als politische Freiheit verstanden. Nach dem Scheitern der Revolution wurde "frei" bis ins 20. Jahrhundert als frei von negativen Eigenschaften, vor allem von Lust und Leidenschaft, interpretiert. Diese Interpretation des Wortes signalisierte aber gerade nicht Freiheit, sondern Disziplin und Gehorsam, eine Ethik des Dienens.

In Deutschland setzte sich seit den 40er Jahren der Turnerwahlspruch zunehmend durch. Dabei veränderte sich die Reihenfolge der Wörter in

´frisch, fromm, fröhlich, frei´.

Eine besondere Weihe und eine quasi-offizielle Anerkennung erhielten die vier F durch das Banner der Deutschen Turnerschaft, das 1880 auf dem 5. Deutschen Turnfest in Frankfurt von den Frauen und Jungfrauen der Stadt gestiftet wurde.

´Frisch, fromm, fröhlich, frei´ war zum unumstrittenen und allgegenwärtigen Wahrzeichen der Turner geworden.

Das Turnerkreuz

Der Giebel des Hauses von Friedrich Ludwig Jahn in Freyburg, aber auch Fahnen und Abbildungen der 1840er Jahre zeigen häufig die Abkürzung des Turnerwahlspruchs in Form von vier unterschiedlich angeordneten F. Der Kupferstecher Heinrich Felsing, Vorsitzender der 1846 gegründeten Darmstädter Turngemeinde, stellte die vier Buchstaben zu dem einem Malteserkreuz ähnlichen Turnerkreuz zusammen.

Das von Felsing entwickelte Symbol wurde in der Turnbewegung immer wieder als überzeugende Form und als großer Wurf eingeschätzt. Dabei spielte die Kreuzform, die nicht nur im sakralen Bereich, sondern auch auf Nationalsymbolen, z.B. auf Fahnen, verbreitet ist, eine wichtige Rolle.

1846, während des schon erwähnten Turnfestes in Heilbronn, schlug Felsing dann vor, die vier F in Kreuzform als "allgemeines Turnerzeichen" anzunehmen.

"Den Spruch in seinen vier Anfangsbuchstaben habe ich zusammengestellt in 4 F. Ich habe sie zum Zeichen vereint, ... sie bilden - wie die Turnerschaft gleiche Kraft, gleiche Form, gleiche Stärke nach allen Seiten, es ist das Viereck überall gleich stark, fest in den vier Ecken stehend, nehmt’s, wie ihr wollt: es ist das F aus dem FF. Vergesst mir nicht, dass es auch das Christenzeichen ist."

Das Felsing‘sche Kreuz war allerdings nicht das einzige Turnerzeichen: Zum einen gab es Vorschläge, die vier F in anderer Form anzuordnen. So finden sich vier F als Buchstaben auf oder zwischen den Balken eines "eisernen Kreuzes", oder auch wie die Flügel einer Windmühle angeordnet.

In den 1860er Jahren setzte sich das Turnerkreuz dann endgültig durch, obwohl es dazu nie einen "offiziellen" Beschluss gegeben hat. 
Seit 1860 gehörten Eichen, Jahnbüsten, Fahnen und die vier zum Felsing-Kreuz zusammengestellten F zum "eisernen Bestand" der turnerischen Symbolwelt.

Turnerkreuz und Hakenkreuz

Die Deutsche Turnerschaft zählte zu den Sportverbänden, die die Herrschaft der Nationalsozialisten begrüßt und sofort Gleichschaltungsmaßnahmen, z.B. den Ausschluss von jüdischen Turnvereinsmitgliedern, eingeleitet hatten. Trotzdem gelang es den Turnern nicht, der Turnerschaft eine Führungsrolle im Sportsystem zu verschaffen, im Gegenteil, die DT wurde als Fachamt, zuständig für Geräteturnen, Gymnastik und Sommerspiele, in den Deutschen Reichsbund für Leibesübungen eingegliedert und im September 1936 aufgelöst. Im Herbst 1933 beschloss die Schriftleitung der Deutschen Turnzeitung, in Zukunft "neben dem Turnerkreuz das Hakenkreuz in ihrem Kopfe zu führen". Die Turnbewegung reihte sich damit symbolisch in die Gefolgschaft der NS-Machthaber ein.

Neuorientierungen und Modernisierungsprozesse in der Turnbewegung

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Alliierten die NS-Organisationen, darunter auch den nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen und seine Mitgliedsverbände und -vereine aufgelöst. Verschiedene Gesetze sollten die Entmilitarisierung, Dezentralisierung und Demokratisierung des Sports garantieren. Sie verhinderten zunächst die Gründung zonenübergreifender Verbände oder gar einer Dachorganisation des Sports, erlaubten aber regionale Zusammenschlüsse. Verboten waren alle sportlichen Aktivitäten, die zur militärischen oder paramilitärischen Ausbildung eingesetzt werden konnten. Mit besonderen Widerständen von Seiten der Alliierten mussten dabei die Turner rechnen, weil sie als politisch besonders belastet eingeschätzt wurden.

Trotz der Bedenken der Alliierten gelang es im September 1950, die Gründung des Deutschen Turner-Bundes formal zu vollziehen. In der Satzung war festgelegt, dass der DTB seine Mitglieder "in der Überlieferung des Olympischen Gedankens zu aufrechten Menschen, Staats- und Weltbürgern im Geiste der Freiheit und Menschenwürde erziehen" wolle. Der Vorsitz wurde dem Oberbürgermeister von Frankfurt, Walter Kolb, übertragen, der als Sozialdemokrat und Gegner des Nationalsozialismus die neue Turnbewegung repräsentierte.

Die Modernisierung des DTB

Der Wandel des Selbstverständnisses der Turnbewegung, d.h. die "Modernisierung" des Turnens, sollte auch nach außen demonstriert werden. Die vom DTB gewählten Farben Schwarz, Rot, Gold auf Grün sollen nicht nur auf die Nationalfarben anspielen, sondern darüber hinaus positive Botschaften vermitteln.

Grün soll das Leben, Rot die Dynamik, Gelb die Fröhlichkeit und Schwarz die Disziplin und Struktur symbolisieren.

Das Basislogo war ein Strichmännchen in Bewegung, das noch entfernt an die vier F erinnert. Inzwischen hat sich der DTB auch von den "Turnermännchen" wieder verabschiedet und im Zuge der Turn-WM 2007 in Stuttgart ein Markenkonzept entwickelt mit einer schlichten, professionell wirkenden Corporate Identity: Das Kürzel "DTB" in schwarzer Schrift mit dem roten Turnerkreuz. Das rote Turnerkreuz gilt als das alle Zeiten überdauernde "Markenzeichen" der Turnbewegung und wird daher als Erkennungsmerkmal in jedem Logo des DTB mitgeführt.

AUSGABE  175 Jahre 02-2023 | Historisches | Symbole der Turnbewegung
AUTOR       Die Redaktion