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Bereits in frühen Kindertagen träumt die gebürtige Ulmerin Lea Toran Jenner von einer Karriere im Zirkus. Auf der Bühne stehen und die eigenen Tricks vorführen, diese Vorstellung hat sie schon als Fünfjährige im Kopf. Als Tochter einer Akademikerfamilie war das jedoch nicht der erwartete Karrierewunsch.
Daher beginnt der Weg für die gebürtige Ulmerin mit Turnschläppchen im Leistungszentrum Ulm. Mit elf Jahren wechselt das Energiebündel im SSV Ulm 1846 vom Turnen in die Sport-Aerobic.
Bei Vereinsauftritten steht die heute 30-Jährige das erste Mal auf der Bühne und merkt dabei schnell:
Auch wenn ich mich bei den Wettkämpfen gerne mit den anderen gemessen habe und natürlich auch gewinnen wollte, haben mir die Showauftritte immer mehr Spaß gemacht.
Im Garten bastelt sie an eigenen Handstandklötzen und kreiert mit 16 ihre erste eigene Handstand-Äquilibristik. Als Lea mit 18 Jahren ihr Abitur sehr erfolgreich mit 1,3 abschließt, ist der Traum vom Zirkus noch immer groß. "Bei vielen Jugendlichen ändert sich der Berufswunsch ja immer mal wieder, aber für mich war der Zirkus immer die Nummer Eins".
Lea bewirbt sich an der Nationalen Zirkusschule im kanadischen Montreal, die weltweit renommierteste Ausbildungsstätte für Artist*innen. Nach einem viertägigen Casting, das von Grundlagenausbildung über Schauspiel und Tanz bis hin zu artistischen Tricks alles abprüft, werden jährlich nur 30 Plätze vergeben. Die Freude ist riesig, als sie tatsächlich angenommen wird:
"Ich konnte es selbst nicht glauben, dass es tatsächlich geklappt hat. Ohne meine damaligen Trainer*innen wäre das mit Sicherheit nichts geworden. Noch heute profitiere ich vom frühen Turntraining und den einzigartigen Skills der Sport-Aerobic."
Während ihrer Ausbildung an der Nationalen Zirkusschule entdeckt Lea die Zirkusdisziplin Cyr Wheel (zu Deutsch: Cyr Rad) für sich und verliebt sich sofort in ihr neues Trainingsgerät. Sie sucht die Herausforderung und beschließt gemeinsam mit ihrem Partner Francis, den sie ebenfalls an der Zirkusschule kennenlernt, eine neue Show zu konzipieren. Zu zweit in einem Cyr Rad entsteht eine weltweit innovative Zirkusdisziplin – das Cyr Wheel Duo. In der Ausbildung an der Zirkusschule entwickelt das Paar Duo Unity und macht sich bereit für internationale Auftritte.
Lea ist 22, als sie nach dreijähriger Ausbildung beginnt, als moderne Zirkusartistin zu arbeiten. Als Duo Unity und auch als Solo-Künstlerin tritt sie seitdem im Cyr Rad auf. Später kreieren Lea und Francis eine neue Nummer im Aerial Chandelier (zu Deutsch: Kronleuchter), eine Disziplin, die sie 2018 gemeinsam erlernen.
Lea legt einen erfolgreichen Start ins professionelle Zirkusleben hin. Sie wird vom kanadischen Zirkus Cirque Eloize engagiert und tourt mit der Show Cirkopolis um die Welt, unter anderem mit Stopps in Santiago de Chile, Tel Aviv, Sydney und London. Ebenso erfolgreich geht es weiter:
2017 werden Lea und Francis vom Inhaber des Moulin Rouge in Paris, einem der berühmtesten Varietés der Welt, entdeckt und anschließend engagiert. Über zwei Jahre hinweg treten Lea und Francis im Moulin Rouge auf. Den festen Standort nutzt die Halbspanierin clever und schließt nebenbei einen Bachelor in "Digital Filmmaking" ab.
2018 wirkt das Duo beim Feuerwerk der Turnkunst mit und tourt dabei durch Leas Heimatland.
2019 wird sie für den Weihnachtszirkus Conelli in der Schweiz engagiert. Neben ihren festen Engagements arbeitet Lea als selbstständige Artistin und tritt vereinzelt in Shows, Varietés, Fernsehprogrammen und Festivals in der ganzen Welt auf. Auch in Deutschland steht Lea immer wieder auf der Bühne.
Ebenfalls 2019 tritt die gebürtige Ulmerin gemeinsam mit Francis im Fernsehgarten auf. Über die Jahre gewinnt Lea mit dem Duo Unity verschiedene Preise. Vom renommierten Zirkusfestival Cirque de Demain in Paris 2015 bringen Sie Bronze mit nach Hause. Beim Internationalen Zirkusfestival in Albacete 2019 gewinnen sie die Goldmedaille und den Publikumspreis, beim Budapest Lyrical Circus Festival in Ungarn 2020 werden sie mit der Silbermedaille belohnt.
Als 2020 die Corona-Pandemie beginnt, kündigt sich für Lea eine herausfordernde Zeit an. Das Show-Leben kommt zum Stillstand und die Buchungen bleiben aus. Doch Leas große Leidenschaft für die Artistinnen-Karriere ist ungebrochen. Sie nutzt die freie Zeit für eigene kleinere Projekte und lebt von Erspartem. Im Herbst 2021 wird Lea für ihr Durchhaltevermögen belohnt. Sie wird vom weltbekannten Cirque du Soleil für ein 18-monatiges Engagement angefragt.
"Durch meine Ausbildung an der Nationalen Zirkusschule in Montreal, dessen Gebäude direkt neben dem des Cirque du Soleil liegt, sind wir als Absolvent*innen automatisch in der Kartei des Cirque du Soleil hinterlegt. Nun hatte mein Profil für die Show Luzia gepasst und sie haben mich kontaktiert. Das war so aufregend."
Für Lea geht ein großer Traum in Erfüllung. Sie fliegt nach England, um mit dem Cirque du Soleil zu trainieren und sich auf die große 18-monatige Europatour vorzubereiten. Neben den Trainings in ihrer Paradedisziplin, dem Cyr Rad, trainiert Lea nun auch Pole Dance. In zwei unterschiedlichen Acts tritt sie aktuell für den Cirque du Soleil auf.
"Es ist einfach so unbeschreiblich toll,
endlich wieder auf der Bühne stehen zu können.
Und dann noch mit einem solch tollen
und professionellen Team."
Vom Tourstart in London ging es für Lea bereits nach Barcelona und Genf, als nächstes macht die Show in Alicante, Zürich und Madrid Halt.
Lea lebt für den Sport und das Zirkusleben. Was in Kindertagen auf der Turnmatte begann, ist zu ihrem Beruf als professionelle Artistin geworden.
Ihr Ehrgeiz ist unerschöpflich:
Ich möchte noch bis ich 80 bin auf der Bühne stehen und das Publikum begeistern.
Heimat: Ulm Jahrgang: 1992
Sportlicher Werdegang:
1997 – 2003: Gerätturnen (SSV Ulm)
2003 – 2010: Sport-Aerobic (SSV Ulm)
2011 – 2014: Ausbildung an der National Circus School (Montreal, Kanada)
Seit 2014: Moderne Zirkusartistin
AUSGABE Karriere 03-2022 | Einblicke | Erfolgsgeschichte
AUTORINNEN Annika Fenzl, Sina Pieper | Pimster Creations