Wie kontrolliert man das?
Gutekunst: Das eine ist der Safe Sport Code, der eine juristische Handhabe ermöglicht. In einem weiteren Projekt mit der Uni Münster haben wir in einem partizipativen Prozess mit den Zielgruppen Verhaltensrichtlinien entwickelt. Da geht es nicht so sehr um Sanktionen und Verstöße, sondern um Prävention. Und dies betrifft letztendlich nicht nur den Leistungssport, sondern es gilt die Verhaltensregeln gemeinsam mit den Landesturnverbänden bis in die Vereine zu bringen, damit diese sich dort damit beschäftigen. Wir wollen, dass alle gerne zum Turnen gehen und dort geschützt sind, auch die Trainerinnen und Trainer. Ein Beispiel: In den Verhaltensrichtlinien wird ein Augenmerk auf Eins-zu-Eins-Beziehungen gelegt. Damit ist gemeint, dass Trainer*in oder Betreuer*in vor allem mit minderjährigen Turnern oder Turnerinnen nicht allein in der Halle oder auf einer Autofahrt sind. Dabei geht es in keiner Weise darum, Trainer*innen anzuklagen oder gar einen Generalverdacht auszusprechen. Im Gegenteil, alle sollen sich bewusst machen, dass es sensible Situationen sind und dafür sensibilisieren. Wir sind uns bewusst, dass diese Situationen, die im Grundsatz ein erhöhtes Gefahrenpotenzial mit sich bringen, in der Praxis vorkommen und nicht gänzlich zu vermeiden sind. Daher wollen wir, dass man darüber gemeinsam spricht und bewusster damit umgeht, dann ist schon einiges gewonnen.
Hölzl: Die Gewährleistung des sicheren Sports wird zukünftig auch Anforderung sein für die staatliche Förderung. So steht das zumindest im Entwurf des Spitzensportfördergesetzes. Im Koalitionsvertrag hat man sich auf ein Zentrum Safe Sport verständigt, aber da ist vieles noch ungewiss. Soll das eine zentrale Behörde werden, und welche Aufgaben hat sie? Wie soll das funktionieren? Und welche Bedeutung käme einem zentralen Code zu? Das Bundesinnenministerium hat unseren Code jedenfalls sehr positiv aufgenommen, und vielleicht findet er, angepasst an die jeweiligen Sportarten, Eingang in den deutschen Sport insgesamt. Wir wollen ihn im DTB beim nächsten Turntag in unsere Satzung aufnehmen. Mit unseren beiden Vorlagen – Safe Sport Code und Verhaltensrichtlinien – können wir sicher auch einen guten Beitrag auf internationaler Ebene leisten und die Diskussion dort beflügeln.
Gutekunst: Im Projekt zur Weiterentwicklung der Verhaltensregeln haben wir uns auch bei anderen Ländern umgeschaut. Für manche sind wir Vorreiter, andere wie England haben schon einen umfassenden Verhaltenskatalog. Der Weltturnverband FIG hat das heruntergebrochen auf Ten Golden Rules. Unsere Verhaltensrichtlinien stellen da eine Erweiterung dar.