Spaß an Bewegung | Foto: Astrid Buscher
Die Familie

Sport trifft Gehirn

Leistungsstarke Jugend

Der Mensch verfügt bei seiner Geburt über alle notwendigen Anlagen im Gehirn, aber seine Funktionalität ist, was Sehen, Hören, Denken und Bewegen angeht noch ziemlich primitiv.

Ein Baby besitzt bei der Geburt ein enormes Potential an Synapsen und Nervenzellen. Diese entfalten ihre Funktionsfähigkeit indem sie sich mit anderen Nervenzellen vernetzen, welches durch vielfältige Sinneswahrnehmungen und wiederholte körperliche Aktivität erfolgt. Abwechslungsreiche Bewegungserfahrungen in der Kindheit haben somit nicht nur Auswirkungen auf der motorischen Ebene, sondern bestimmen auch das kindliche Verhalten und die kognitive Entwicklung. Die Weichenstellungen in der Kindheit haben somit einen prägenden und lebenslangen Einfluss auf die geistige und körperliche Performance der Kinder.

Möglichkeiten und Chancen frühkindlicher Bewegung

Kinder bewegen sich gerne und mit Freude. Diese wunderbare Eigenschaft sollten wir nutzen, denn wenn etwas Spaß macht, ist die Chance groß, dass man es für immer macht. Bewegung ist uns in die Wiege gelegt und wir widmen ihr viel zu wenig Aufmerksamkeit. Vielfältige Sinnes- und Körpererfahrungen in der Kindheit, bilden vielfältige Nervenverbindungen und somit die Grundlage für die Funktionsfähigkeit des Gehirns. 

In der heutigen Zeit stellt vor allem die exponentielle Entwicklung der Technologien und die deutliche Reduktion gemeinsamer, realer Bewegungserlebnisse, den Körper und insbesondere das kindliche Gehirn und Nervensystem, vor enorme Herausforderungen. Sicher ist, dass die Menge an Informationen, die jede Minute auf unsere Kinder hereinprasselt, die kindliche Aufnahmekapazität überschreitet. Um gesund und fit zu bleiben, benötigen Kinder daher einen Ausgleich. Bewegung und Sport bieten hier einen effektiven Gegenpol, um Überlastungserscheinungen und frühkindliche Stressmuster zu vermeiden. So konnten wissenschaftliche Untersuchungen beispielsweise zeigen, dass Spiel und Sport im Freien eine suboptimale Neuroentwicklung durch erhöhte Bildschirmzeiten in früher Kindheit deutlich abschwächen.

Kindliche Wahrnehmung – Oft unterschätzt und wichtiger denn je!

Der primäre Stimulator für das kindliche Nervensystem und Gehirn ist - wie bereits erwähnt - die Bewegung. Neben der Bewegung aktivieren aber auch unsere Sinne das Gehirn. Dabei sollten insbesondere die drei Schlüsselsinne, das visuelle System, das Gleichgewicht und die Propriozeption Beachtung finden. Fehlende frühkindliche Bewegungserfahrungen können zu Unreifen in der Körperwahrnehmung, der visuellen Ansteuerung und beim Gleichgewicht führen. Unreifen in einem System führen wiederum zu einer fehlerhaften Informationsverarbeitung sowie muskulären Kompensationen. Wenn das Gleichgewicht nicht gut funktioniert und die Kinder sicher durch den Alltag führt, müssen die Augen helfen. Dauerhaft führt das zu Überlastungserscheinungen des visuellen Systems mit Auswirkungen auf Konzentration, Fokussierung und damit auf das schulische Lernen und die sportliche Performance. 

Kinder mit frühkindlichen motorischen Kompensationsmustern und Unreifen in der Wahrnehmung können schnell überfordert sein. Dieses zeigt sich gleichermaßen in Alltag, Schule und Sport. In diesem Fall können grundlegende Bewegungsübungen sowie neurozentrierte Übungen für Augen, Gleichgewicht und Körperwahrnehmung zur gezielten Aktivierung oder Hemmung von Hirnarealen deutliche Verbesserungen bewirken. Dabei gilt, je frühzeitiger diese Unreifen erkannt und adressiert werden, desto entspannter kann ein Kinder lernen und sich zu einer selbstbewussten und eigenständigen Persönlichkeit entwickeln.

Gleichgewichtsübung Wippe

Im Sitz einen Ball zwischen die Knie klemmen und mit den Händen die Knie greifen. Den Rücken runden und langsam auf den Rücken rollen und dann mit Schwung zurück in den Sitz. Dabei mit den Augen den Ball die ganze Zeit fokussieren. 10 x Wippen.

Achterlauf

Zwei Hütchen im Abstand von 3 bis 5 Metern aufstellen. Ein Erwachsener steht mittig zwischen den Hütchen und hält die Ferntafel mit den Buchstaben. Während das Kind die Form der liegenden Acht um die Hütchen geht, bleibt der Blick durchgehend auf die Ferntafel gerichtet und die Buchstaben werden laut vorgelesen.

Ziel beider Übungen:

Aufrechterhaltung des Augenfokus in Bewegungen

Steigerung der Aufmerksamkeit

Verbesserung der Konzentration

Und das Beste: Schon 10 Minuten am Tag reichen, um eine Verbesserung zu erzielen. 

UNSER BUCHTIPP

Sport trifft Gehirn

- Neuronales Training für kleine Köpfe

Dieses Buch richtet sich sowohl an pädagogische Fachkräfte und Kinderübungsleiter*innen als auch an interessierte Eltern und Großeltern. Im theoretischen Teil informiert es leicht verständlich über Meilensteine der frühkindlichen Entwicklung und die Funktionsweise von Gehirn und Nervensystem. Aufbauend auf diesem Wissen zeigen die Autor*innen, welche Gehirnareale bei Schwierigkeiten in Schule, Alltag und Sport beteiligt sein können, um dann im Praxisteil vielfältige spielerische Neuroübungen für Kinder vorzustellen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der visuellen, vestibulären und propriozeptiven Wahrnehmung sowie der Atmung.

 

 

Sport trifft Gehirn - Neuronales Training für kleine Köpfe. 

Erschienen beim Meyer und Meyer Verlag, ISBN 978-3-8403-7879-9, Bestell-Nr. 137879

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ZUR PERSON

Astrid Buscher ist Dipl. Sportökonomin und Kinder-Coach. Sie studierte Sportökonomie in Bayreuth und ist spezialisiert auf die sensomotorische Entwicklung von Kindern. Sie ist zertifizierte Dozentin der Gleichgewichtsprogramme nach Dorothea Beigel, Z-Health Trainerin und leitet das ARTZT Institut der Ludwig Artzt GmbH. Astrid ist Autorin verschiedener Fachartikel und Bücher im Bereich Sensomotorik. Darüber hinaus coacht sie Kinder mit Lernschwierigkeiten im Schlaukopf-Institut für systemisches Lernen.

ARTZT neuro

Schlaukopf Institut

AUSGABE         Nachwuchs 02-2024 | Turn-Team Deutschland | Sport trifft Gehirn
AUTORIN          Astrid Buscher