Das Gerät- und Kunstturnen war sein Leben – als aktiver und sehr erfolgreicher Turner, als Turn- und Sportlehrer in Esslingen, als Turntrainer und Dozent am Institut für Sportwissenschaft der Universität Tübingen, als Autor von Lehrbüchern zum Gerätturnen, als Turnfunktionär und Turnwissenschaftler. Er schuf gemeinsam mit dem langjährigen Geschäftsführer des Schwäbischen Turnerbundes, Robert Baur, die Grundlage dafür, dass Stuttgart zu einem Zentrum des internationalen Kunstturnens werden konnte. Der internationale DTB Pokal, der seit 1983 in Stuttgart durchgeführt wird, ist auf ihre Initiative zurückzuführen. Als 1989 die Weltmeisterschaften im Kunstturnen in Stuttgart stattfanden, organisierte Knirsch ein internationales Trainersymposium. Es gehört bis heute zum festen Bestandteil des EnBW DTB Pokals.
Kurt Knirsch hat wesentlichen Anteil daran, dass sich das Gerätturnen in der Bundesrepublik Deutschland zu einem modernen, anspruchsvollen und ästhetischen Hochleistungssport, einer Kunst, entwickeln konnte. Er selbst schuf mit seinen Büchern und Bewegungsanalysen zum Gerät- und Kunstturnen wichtige Grundlagen für eine wissenschaftlich fundierte Methodik dieser Sportart. Dabei ging es ihm stets darum, die Grundlagen, das "Fundamentum" des Gerätturnens, wie er es nannte, zu definieren und nicht zuletzt im Kinderturnen und als Dozent für das Gerätturnen an der Universität Tübingen zu vermitteln. Noch im hohen Alter von fast 90 Jahren gab er Kinderturnen in seinem Heimatverein in Kirchentellinsfurt.
Ommo Grupe hatte den renommierten Turnexperten 1973 an die Universität geholt. Dort gingen Generationen von Sportstudentinnen und -studenten durch seine harte, aber faire Schule. Er kämpfte sowohl mit seinen Sportstudentinnen und Sportstudenten um jede Kippe zum Bestehen der Turnprüfung als auch um die Doppel- und Schraubensaltos seiner Topathleten im Leistungszentrum. Unvergessen sind seine selbst gezeichneten "Strichmännchen", mit denen er die Haupt- und Nebenfunktionsphasen turnerischer Bewegungen anschaulich charakterisierte. In seinen wenigen turnfreien Zeiten widmete sich Kurt Knirsch seinen künstlerischen Talenten – als Gitarrenspieler und Maler von Aquarellen, meistens Motive aus der schweizerischen Bergwelt, wo er sich in der Regel im März zum Skitourengehen zurückzog – oft auch mit Studenten und Kollegen.
Kurt Knirsch wird nicht nur wegen seiner Lehrbücher und seiner Turnmethodik in Erinnerung bleiben, sondern auch als Mensch und sehr besonderer Turnlehrer. Von der Wiege bis zur Urne, turne, turne, turne - wenn dieser selbstironische Turnerspruch auf jemanden zutrifft, dann auf Kurt Knirsch. Nun ist er nach einem Sturz zuhause gestorben. Früher hätte er darüber gelacht und das Kunststück nochmal probiert. Das geht jetzt nicht mehr.
Unser ganzes Mitgefühl gilt seinen Angehörigen in diesen schweren Stunden. Der Deutsche Turner-Bund wird Kurt Knirsch ein ehrendes Andenken bewahren.
Autor: Prof. Dr. Michael Krüger