DEM Rope Skipping in Neuss 2018 | Foto: Toscani
Mehr Sport

Plötzlich im TK Rope Skipping

Wie Wiebke Wagner zur Rope Skipping Expertin wurde

Den Weg ins Ehrenamt hat Wiebke Wagner geradezu klassisch gefunden. "Erst war ich nur Mama, dann wurde ich Kampfrichterin und Trainerin und dann bin ich 2015 eher zufällig im Technischen Komitee gelandet", erzählt sie. Damals nämlich hatte das gesamte Gremium ad hoc sein Amt niedergelegt. Ein paar Landesverbände schlugen die Industriekauffrau für einen Sitz im TK vor. Für Wagner kam das völlig überraschend. "Ich habe mir gedacht, was, wie, ich? Nee", erinnert sie sich.

Doch die ließen nicht locker.

"Doch, du hast bestimmt ein paar unterstützende Leute dabei und die helfen dir alle", sagt Wagner. So sei sie damals plötzlich im TK Rope Skipping gesessen.

Für die Tochter ins Ehrenamt

Über ihre Tochter sei sie 2004 zur Sportart gekommen, weil die angefangen habe zu springen. Die Tochter hat das Rope Skipping längst verlassen, doch die Mutter ist noch immer da. "Seit 2015 bin ich im TK Rope Skipping Wettkampfleitung und seit letztem Jahr bin ich auch stellvertretende TK-Vorsitzende und auch beim HTV als Wettkampfleitung", erzählt sie.

Mit den Projekten, die sie in dieser Zeit vorangetrieben hat, ist sie sehr zufrieden. Und die Unterstützung fand sich auch tatsächlich. "Wir haben seit letztem Jahr jemanden an unserer Seite. Sein Name ist Marko, er hat den Ablauf vor und nach dem Wettkampf digitalisiert", sagt sie. Früher habe man an den Wettkampftagen die gesamten Werte in Excel-Listen eingeben müssen, um zu den Ergebnislisten zu gelangen. "Und dann kam er mit seinen 17 Jahren um die Ecke und hat gesagt, ich hätte mal einen Vorschlag", lacht sie.

Wiebke Wagner beim Rope Skipping Training. Foto: Privat

Digitaler Fortschritt

Das Ergebnis war die App myJumpData. "Von der internationalen IJRU-App haben wir uns ein bisschen distanziert, weil die es immer nicht geschafft haben, sie zu aktualisieren. Dadurch wurde es auch immer schwieriger, sie zu nutzen", erklärt Wagner. Deswegen trieb sie mit dem TK eine deutsche Lösung voran. "Werten tun die Kampfrichterinnen und Kampfrichter nun schon damit. Und jetzt hat Marko es sogar so weiterentwickelt, dass wir darüber auch die Ergebnislisten kreieren. Ich bekomme die Listen aus dem GymNet, lade die in das myJumpData System hoch und es werden die Startnummern automatisch vergeben. Seit drei Wochen ist es sogar so, dass die Startreihenfolgen, Speed und was es sonst nach alles benötigt, automatisiert abläuft", erzählt sie nicht ohne Stolz.

Denn gerade auch die Dinge helfen, die Arbeit von Ehrenamtlichen zu erleichtern.

In ihrem richtigen Beruf arbeite sie derzeit 30 Stunden die Woche. "Da ist es fast mehr. Das sind eben meistens die Wochenenden. Dazu gehören eben auch Dinge wie der Turntag, da sitzt du dann von morgens um zehn bis nachmittags um fünf", sagt sie.

Auch Teil des Ehrenamtes - Wiebke beim Reparieren eines Speedseils

Und nochmal

Den Spaß an ihrer ehrenamtlichen Arbeit hat sie dennoch nie verloren. "Uwe, unser TK-Vorsitzender, und ich, haben gesagt, wenn sie uns nochmal wollen, lassen wir uns nächstes Jahr gerne noch einmal wählen. Und dann haben sie vier Jahre Zeit, Ersatz zu suchen", sagt sie und verweist darauf, dass ihre Nachfolger es nicht mehr ganz so schwer haben werden. "Wir haben mittlerweile alles soweit digitalisiert, dass es eigentlich für jeden machbar ist", ist sie überzeugt.

Ein weiteres Ehrenamt möchte Wagner allerdings nicht bekleiden.

Sie kennt ihre Grenzen, ist mit der Arbeit im TK und im Verein ausgelastet und auch erfüllt. "Es hat mich mal irgendjemand angesprochen von der Kirchengemeinde, so nach dem Motto, du kannst das doch so gut", verrät sie. Das habe sie allerdings dankend abgelehnt. "Ich habe ihnen gesagt, ich habe mit dem Rope Skipping genug zu tun. Da bin ich dann auch rigoros", sagt sie. Denn es fehle ihr auch einfach die Zeit dafür. "Wenn ich jetzt anfinge, weitere Neben-Ehrenämter anzunehmen, hätte ich gar nicht mehr die Zeit, mich intensiv genug um mein eigentliches Ehrenamt zu kümmern", betont sie.

Möglicherweise ist gerade diese realistische Selbsteinschätzung ein Teil dessen, was sie so lange mit Begeisterung in ihrem Amt hält. Aber es gibt noch einen anderen Faktor. "Ich mache es für die Kids. Wir haben beim TV Seeheim ca. 25 bis 30 Kinder, die an Wettkämpfen teilnehmen und das Nachwuchstraining ist im Moment brechend voll. Das macht mir einfach Spaß, auch das Feedback von denen", erzählt Wagner.

Dass sie über ihre Tochter zu ihrem Ehrenamt kam, bedeutet für Wagner allerdings nicht, dass sie dieses mit dem Engagement ihrer Tochter verknüpft sah. Dieses anzunehmen sei eine eigenständige Entscheidung gewesen. Als die Tochter dann 2017 mit dem aktiven Springen aufhörte, machte sich dennoch schnell die Sorge breit, dass auch Mutter Wagner sich bald zurückziehen könnte. "Da habe ich gesagt, Leute, ich bin jetzt schon im TK beim DTB. Ich sage doch jetzt nicht nur, weil meine Tochter aufhört, ich höre jetzt auch auf", betont sie – und blieb.

Persönlicher Profit

Auf die Frage, ob sie in ihrem Ehrenamt auch etwas gelernt habe, muss Wagner kurz überlegen. Ja, sagt sie dann, sie müsse da häufig kommunizieren. "Kürzlich habe ich beim Turntag noch einen Dringlichkeitsantrag stellen müssen, weil wir neue Startrechte brauchten. Da musste ich ans Mikrofon treten. Bei sowas war ich immer etwas schüchtern", erzählt sie. Doch dadurch, dass sie auf Wettkämpfen permanent mit Leuten reden müsse und dies dadurch auch gelernt habe, habe sie diese Hürde beim Turntag ebenfalls erfolgreich meistern können. "Früher hätte ich das vielleicht nicht gemacht", glaubt sie. Die Tochter, die sie einst in ihr Ehrenamt brachte, konnte Wagner bislang aber nicht von einer Verbandsarbeit überzeugen. "Die hält sich im Fitnessstudio fit", sagt sie. So sucht die 58-Jährige auch im eigenen Verein nach geeigneten Nachfolgern. "Ich will versuchen, vielleicht da den ein oder anderen mit hineinzubringen", sagt sie.

Doch die müsse man eben behutsam heranführen.

Das braucht Zeit

Die Ehrenamts-Uhr tickt zwar bereits. Aber noch ist ausreichend Zeit, den Nachwuchskräften das Steuern beizubringen. 

AUSGABE        Ehrenamt 05-2024 | Mehr Sport | Wie Wiebke Wagner zur Rope Skipping Expertin wurde
AUTOR             Nils B. Bohl