Das schönste Ehrenamtsglück
Doch dann, sagt er, erfahre er auch immer wieder Dankbarkeit. "Ab und zu kommt das. Und das ist genau das, was das Ehrenamt bereichert", sagt er. Oder wenn es gelingt, etwas Schönes auf die Beine zu stellen. "Die Bundesliga zum Beispiel. Da haben wir über die Jahre etwas Schönes aufgebaut", findet er. Dort stehe Zusammenarbeit im Mittelpunkt, jeder versuche seinen Teil beizutragen. "Es macht mir Spaß zu sehen, wenn Sachen gut laufen. Wenn Leute versuchen, gemeinsam das Beste aus etwas herauszuholen. Und wenn sie am Ende sagen können, hey, das war jetzt wirklich ein schöner Wettkampf", beschreibt Milanesio sein persönliches Ehrenamtsglück.
Schade findet er allerdings, dass Kampfrichterei in Deutschland mit so wenig Aufwandsentschädigung vergütet wird. International ist dies nach seiner Erfahrung sehr häufig anders. "Fast überall kriegen die Leute Geld, wenn sie werten. Zumindest ein bisschen Geld", hat er bei seinen Auslandsreisen festgestellt. Ein klein wenig mehr Entlohnung würde nach Milanesios Meinung auch das Nachwuchsproblem in der deutschen Kampfrichterei zu mildern helfen. "Denn die Leute machen richtig viel. Richtig, richtig viel", weiß er um den großen Lernaufwand, insbesondere in der Ausbildung zum RSG-Kampfrichter.
Denn beherrsche man die Regeln einmal, fange der Aufwand erst richtig an. "Ich hatte einmal den Traum, Olympia zu werten. Und ich habe alles dafür geopfert. Alles. Bis ich mein Ziel schließlich erreicht habe", sagt Milanesio. Nicht einmal habe er "nein" zu einem Wettkampf gesagt, zu dem er als Kampfrichter eingeladen worden sei. Ganz gleich ob national oder international. "Ariel, kannst du mal übermorgen nach Spanien fliegen", sei er gefragt worden. Klar, habe er gesagt, und umgehend mit seinem Arbeitgeber gesprochen.
Milanesio vergleicht die Kampfrichterkarriere in der RSG gerne mit einer Athletenkarriere. "Nur dass die Gymnastinnen oft mit 18 oder 19 Jahren aufhören und ich immer noch dabei bin", lacht er. Wer nun aber glaubt, dass dem gebürtigen Argentinier das Ganze irgendwann zu viel wird, irrt gewaltig. Seine Begeisterung ist noch genauso groß wie am ersten Tag, allen Widrigkeiten zum Trotz. "Ich habe noch immer Lust, WMs zu werten, EMs zu werten, World Cups zu werten", betont er. Auch, weil solche Wettkämpfe trotz aller Routine nie zu eben solcher werden. "Bei den ersten Übungen eines großen Events habe auch ich nach all den Jahren noch immer ein bisschen Lampenfieber. Hoffentlich klappt alles, hoffentlich erkenne ich alles, hoffentlich verpasse ich nichts", beschreibt er seine Gedanken. Dabei sei es aber nicht die Sorge um das eigene Renommee, die ihn umtreibe. "Meine Sorge ist, eine Gymnastin zu benachteiligen, weil ich abgelenkt, zu schnell oder nicht schnell genug war", sagte er.