Was aus seiner Sicht also her musste, war ein anderer Ansatz: "Der Grundgedanke war, wenn es die Ärzte und die Physiotherapeuten nicht machen, dann müssen wir die Leute eben selbst dazu befähigen. Und wenn wir das machen, muss es technisch so genau sein, dass es auch funktioniert", erzählt Becker.
Eine technische Entwicklung, die alles andere als trivial war. Also erforschte der Professor vor diesem Hintergrund in zwei EU-Projekten mit Kollegen aus dem norwegischen Trondheim und dem italienischen Bologna, ob es möglich wäre, einen Test mit der App so weit zu entwickeln, dass er für die Menschen selbst durchführbar war. "Unser Ansatz war, dass in diesen Smartphones im Prinzip die ganze Technik verbaut ist, aber weder Apple noch Google bisher solche Tests irgendwo implementiert haben", erklärt er. Auch nicht trivial sei die Frage nach dem wie gewesen. Macht man das in der vorderen Hosentasche oder braucht man dafür einen Gürtel", erinnert sich Becker. Diese Vorentwicklungen seien zwischen 2014 und 2020 in mehrere Doktorarbeiten und technische Entwicklungsschritte gemündet.
Danach seien zwei weitere Schritte gefolgt. "Der eine ist die technische Validierung, damit diese Algorithmen später auch funktionieren. Der andere ist die klinische Validierung. Da wird überprüft, ob das aus Sicht der Betroffenen auch funktioniert und ob es tatsächlich selbst durchführbar ist", erklärt er. Anschließend habe man sogenannte Co-Design-Workshops durchgeführt. "Da ging es darum, ob den Leuten das einleuchtet, wir es verstehen und ob es auch funktioniert", erläutert der Professor.
Die Wissenschaftler erkannten dabei, dass bei einer einmaligen Durchführung die App möglicherweise noch fehleranfällig war. "Also musste man den Test aus unserer Sicht mehrfach durchführen, um dann tatsächlich meistens auch zu sehen, dass die Leute ihn in der zweiten, dritten, vierten Wiederholung flüssiger durchführten. Ganz einfach, weil sie den Test bereits kennengelernt haben", sagt er. Deswegen habe das Team, mit einer kleinen Pause zwischendrin, die Wiederholung auf fünfmal erhöht. "Wir haben gelernt, dass dadurch die Testergebnisse robuster werden und insgesamt das Ganze eben weniger störanfällig war."