Probe mit Brigitte Lück (3.v.r.) für die Welt-Gymnaestrada 2015 in Helsinki (Finnland) | Foto: Privat
Einblicke

Brigitte Lück mitten drin von Anfang an

Rendezvous im Ehrenamt

Angefangen, erzählt Brigitte Lück, habe alles völlig unspektakulär. Mit der Verabschiedung eines Turngauvorsitzenden. "Wir haben uns gefragt, was wir ihm zum Abschied schenken. Und schwupp-di-wupps war ich plötzlich in einer Gruppe drin", lacht die 67-Jährige, die ursprünglich aus dem Gerätturnen kommt. Damals habe man sich für Clownereien mit Akrobatik und Jonglage entschieden.

Heute ist sie ehrenamtlich verantwortlich für das "Rendezvous der Besten",den Show-Wettbewerb im Deutschen Turner-Bund, mit schillernden und facettenreichen Vorführungen auf hohem Niveau. In diesem Show-Wettbewerb verschmelzen Kunst und Sport regelmäßig zu einer Einheit. Neben Präzision und Bewegungsqualität bestimmen dort Kreativität, Innovation und Originalität die Darbietungen. Gruppen mit Vorführungen aus nahezu allen Bereichen des DTB können sich bei diesem Wettbewerb präsentieren. "Es gibt keine klassische Platzierung, sondern eine Bewertung in Kategorien. Also ‚hervorragend‘, ‚ausgezeichnet‘ und so weiter", erklärt Lück. Das sei auch notwendig, denn beim Rendezvous sei alles erlaubt, was gefällt. "Da kommen Akrobaten, Tänzer, Rhönradturner, Einradfahrer oder Rope Skipper zusammen. Deswegen kann man das nicht mit Zehnteln vergleichen", sagt sie.

Rendezvous der Besten in Sindelfingen. Foto: Manfred Egele

Als Übungsleiterin fing alles an

Ganz ohne Erfahrung kam Lück allerdings nicht. "Ich war schon lange Übungsleiterin gewesen, habe dann irgendwann im Turngau ein Amt übernommen", erzählt die Lehrerin. 1996 sei sie wieder in einer Gruppe gelandet. Diesmal in einem Ausschuss. "Im Schwäbischen Turnerbund ging es darum, wie kann man Jugendliche, die eigentlich aufhören wollten mit Sport oder gar Leistungssport, halten kann", erinnert sie sich. Damals habe man von einem schwierigen Alter zwischen zwölf und 16 Jahren gesprochen. "Wir wollten das Zusammengehörigkeitsgefühl fördern, sie in eine Gruppe binden und so auch den Gruppencharakter stärken", erzählt Lück. So habe der Schwäbische Turnerbund einen Show-Wettbewerb entwickelt. Aus dem "Turnschaukasten" des Deutschen Turner-Bundes entwickelte sich ein neuer attraktiver Show-Wettbewerb, der 2004 im badischen Forst Premiere feierte.

Alle interessierten Vorführ- und Showgruppen haben seitdem die Möglichkeit, sich über ihren Landesturnverband dafür zu qualifizieren.
Beim Bundesfinale entscheidet dann eine Jury aus vier ausgebildeten Wertungsrichtern und einem "Prominenten", welche 15 Gruppen nicht nur das höchste Prädikat als "DTB-Showgruppe" des entsprechenden Jahres erhalten, sondern auch noch die anschließende Abendgala gestalten dürfen.

Mittendrin von Beginn an

Mittendrin von Beginn an war Brigitte Lück. "Ich war zwar involviert in diese Geschichte, war anfangs aber mehr in der Bewertung drin", sagt sie. Maßgeblich entwickelt und vorangetrieben hätten das Konzept damals Anita Traulsen (Hamburg) und Richard Wieser (Bayern), sowie Agnes (damals) Brandt, heute Hartmann und Detlef Mann. Als Traulsen beim Turnfest 2017 in Berlin ihr letztes Rendezvous hatte, übernahm Lück die Projektleitung im Deutschen Turner-Bund.

"Gerade hatten wir wieder die heiße Phase", erzählt Lück. Am 30. Oktober sei die Meldefrist für das Rendezvous in Worms in diesem Jahr abgelaufen. "Die Landesturnverbände müssen ja vorher ihre Gruppen qualifizieren. Das heißt, sie machen ein Landesfinale. Ich habe das in Schwaben Ende September gemacht und werde meine vier Gruppen weitermelden. Und die Meldungen der anderen kommen jetzt ebenfalls auf der DTB-Geschäftsstelle zusammen", erklärt Lück.

Mit der Organisation der Ausscheidungen in den Ländern hat die mittlerweile sehr erfahrene Show-Organisatorin zwar eher wenig zu tun, wenn es um die Beratung geht, ist sie aber ganz vorne mit dabei. "Wir bieten mit unserem Team "Vorführungen", sogenannte "Vorführ-Calls". Damit die Länder und die Ehrenamtlichen in den Ländern sich informieren und wir Tipps geben können. Je nachdem, was wir uns für ein Thema setzen", beschreibt Lück ihr Tätigkeitsfeld rund um das Jahr.

Obwohl die Top-Gruppen aus dem Rendezvous auch regelmäßig von großen Shows wie dem "Feuerwerk der Turnkunst" angefragt werden, hat Lück selbst nie überlegt, den Schritt vom Ehrenamt zum professionellen Show-Organisator zu gehen. "Das macht mich ja auch irgendwo stolz, wenn wir die so präsentieren können. Durch meine berufliche Tätigkeit im Schuldienst bis vor fünf Jahren konnte ich mir auch eine zeitaufwendigere Aufgabe wie professionelle Shows nicht vorstellen", glaubt sie.

Auch International gefragt

Aber damit ist Lück auch absolut im Reinen. "Für unsere Gruppen ist das Rendezvous eine Plattform, wo sie ein tolles Publikum haben und eine tolle Atmosphäre. In so großen Hallen und mit so einer Show drumherum. Die wollen wir ihnen auch geben. Denn das sind unsere Aushängeschilder, unsere Showgruppen, die wir prämieren", sagt sie. Das habe man auch schon in anderen Ländern registriert. "Es kommt immer häufiger vor, dass wir auch international sehr gefragt sind und die Gruppen gerne dorthin gehen können", betont sie nicht ohne Stolz. So sei sie zum Beispiel unlängst auch selbst in Norwegen bei der "European Gym for Life Challenge" des Europäischen Turnverbandes mit dabei gewesen. "Und da gibt einem das Ehrenamt auch viel zurück, wenn man so etwas dann miterleben kann", findet Lück. Fünf Goldmedaillen konnten deutsche Showgruppen aus dem Rendezvous der Besten mit nach Deutschland bringen und war damit die erfolgreichste Delegation auf europäischer Ebene. 

Und dennoch sei es nicht einfach, so ein großes Projekt ehrenamtlich am Laufen zu halten. "Klar, man hat so ein Stammteam. Aber dadurch, dass wir eben auch bundesweit unterwegs sind, können wir mehr Kontakte knüpfen und so immer wieder neue engagierte Personen einbinden."

Daher bin auch ich jetzt gerade so ein bisschen im Wandel im Ehrenamt und habe mein Amt im Schwäbischen Turnerbund abgegeben", verrät sie. Dort sei sie Vorsitzende Fachgebiet "Gruppenwettkämpfe" gewesen. "Ich habe glücklicherweise eine Nachfolgerin gefunden, die aus dem gleichen Bereich Gruppengestaltung kommt und sich bereiterklärt hat. Da musste ich dann natürlich die Chance nutzen, damit das weitergeführt wird", sagt Lück.

Überraschend spielt aber oft nicht die fehlende Entlohnung, sondern nach ihrer Ansicht ein anderer Faktor gegen das ehrenamtliche Engagement. "Umso besser die jüngeren Generationen ausgebildet sind, umso mehr sind sie global unterwegs. Schon allein von Berufswegen ist es dann schon oft schwierig, sie fest in ein Amt zu implementieren", glaubt Lück. Langfristiges Engagement, etwa in der Planung eines Turnfestes, sei da schon aus organisatorischen Gründen schwierig.

Die emotionale Bindung

Doch Ehrenamt hat auch viel mit emotionaler Bindung zu tun. So macht sich die derzeitige Chefin des Rendezvous auch keine Sorgen, dass das Projekt nach ihr nicht fortgeführt werden könnte. "Ich habe die Aussicht, dass es im Rendezvous auch weitergeht, wenn es mich da einmal nicht mehr geben sollte. Denn es ist einfach auch für viele, die ehrenamtlich engagiert sind, eine Art liebgewonnenes Kind geworden, das sie gern unbedingt weiterführen wollen", weiß sie.

Denn nicht nur Lück hat begriffen, was im Ehrenamt und speziell beim Rendezvous der Besten die höchste Währung ist: "Es gibt dir einfach so viel zurück, wenn du in die strahlenden Augen von erfolgreichen Gruppen schaust", sagt sie. Und dennoch möchte sie den Staffelstab nach dem Turnfest in Leipzig gerne weiterreichen. "Mein Ziel wäre es, das nächstes Jahr alles in jüngere Hände zu übergeben, damit Leipzig mein letztes Rendezvous als Projektleitung im DTB werden wird", erklärt sie. "Deswegen verabschiede ich mich ja nicht vom Rendezvous, sondern setze mich vielleicht lieber auf die Zuschauerbank und schaue mir die Gruppen ganz entspannt an", lacht sie und freut sich auf den schon jetzt auf den wohlverdienten Ruhestand als Ehrenamtlerin.

Das Rendezvous der Besten

Alle interessierten Vorführ- und Showgruppen haben die Möglichkeit, sich über ihren Landesturnverband zu qualifizieren. Beim Bundesfinale entscheidet dann eine Jury aus vier ausgebildeten Wertungsrichterinnen und -richtern und einem „Prominenten“, welche 15 Gruppen nicht nur das höchste Prädikat „DTB-Showgruppe 20xx“ erhalten, sondern auch noch die anschließende Abendgala gestalten dürfen.

Der Showcharakter ist ein wichtiger Aspekt der einzelnen Darbietungen und somit wird die Abendgala stets zu einer schillernden und facettenreichen Show auf hohem Niveau. Ziel des DTB ist es mit der Veranstaltung nicht nur eine besonders attraktive Präsentationsplattform für Showgruppen zu schaffen, sondern auch den Stellenwert der Gruppenvorführungen zu fördern.

AUSGABE         Ehrenamt 05-2024 | Einblicke | Rendezvous im Ehrenamt
AUTOR              Nils B. Bohl