Ingeborg Ludwig mit ihrer Vereinsgruppe | Foto: Privat
Einblicke

Ingeborg Ludwig

Ein Leben für den Sport

Ingeborg Ludwig, geborene Polsz, kam 1943 in Sandhofen zur Welt. Ihre Kindheit beschreibt sie gerne als "schön und gemütlich", mitten im ländlichen Umfeld des damals kleinen Bauerndorfes Sandhofen. Schon früh zeigte sich ihre Leidenschaft für Bewegung und Sport. Der erste Kontakt mit dem Sport entstand allerdings eher zufällig: Im Alter von sechs Jahren nahm sie an einer Ballettstunde teil, die in einem Nebenzimmer eines Lokals in Sandhofen stattfand. Diese erste Erfahrung war jedoch zwiespältig. Ihre Ballettlehrerin war streng, stets mit einem Stöckchen bewaffnet, und Ludwig erinnerte sich daran, wie sie für kleine Schwätzereien an den Zöpfen gezogen wurde. Schnell merkte sie, dass dies wohl nicht der richtige Weg für sie war.

Eine Freundin nahm sie eines Tages mit zum Turnen im TSV 1878 Sandhofen – das war der Beginn ihrer sportlichen Laufbahn. "Da mussten wir hochklettern und von oben runterspringen. Das hat mir viel besser gefallen als das Ballett", erinnert sich Ludwig. Der Verein, dessen Halle im Krieg zerstört worden war, nutzte ebenfalls einen Tanzsaal als Trainingsraum. Schon damals zeigte sich das Talent und die Begeisterung der kleinen Ingeborg, die mit nur sechs Jahren schon Mitglied im Verein wurde – für einen Monatsbeitrag von 50 Pfennig.

Bereits als Jugendliche nahm sie erfolgreich an Turnfesten und Gauturnfesten teil.

Ihre herausragenden Leistungen führten dazu, dass sie in die Jugendmannschaft des TSV Mannheim 1846 aufgenommen wurde. Dort trainierte sie parallel zum TSV Sandhofen und etablierte sich auch in der Leichtathletik. Mit 13 Jahren bestritt sie ihr erstes großes Turnfest, was für sie ein unvergessliches Erlebnis war. Stolz trug sie ihren ersten Turnanzug mit dem Stadtwappen Mannheims.

Eine besondere Leistung von Ingeborg war die Einführung des Eltern-Kind-Turnens, das sich zu einem großen Erfolg entwickelte.

Kurze Unterbrechung

Nach einer kurzen Unterbrechung aufgrund der Geburt ihrer drei Kinder – 1963 kam ihr erstes Kind zur Welt, 1966 das dritte – kehrte Ludwig voller Tatendrang zurück. Sie trat 1967 wieder in den TSV 1846 ein und wurde schnell Vereinsmeisterin. Das Training bedeutete für sie nicht nur körperliche Betätigung, sondern auch eine willkommene "Freiheit von der Familie". Mit neuem Ehrgeiz baute sie ihre sportliche Karriere weiter aus.
 
Eine besondere Leistung von Ingeborg war die Einführung des Eltern-Kind-Turnens, das sich zu einem großen Erfolg entwickelte. Obwohl es anfangs nur eine Mutter mit zwei Kindern gab, wuchs das Angebot schnell, und bald fanden die Kurse jeden Tag der Woche statt. Ihre Begeisterung und Kreativität führten auch zur Einführung neuer Gymnastikformen, die sich im Laufe der Zeit immer wieder veränderten. Ingeborg übernahm viele Stunden von älteren Übungsleiterinnen und entwickelte sich bald selbst zur gefragten Trainerin.

Ingeborg Ludwig im "Aktuellen Sportstudio" 1983 | Foto: Privat

Ein Höhepunkt ihrer sportlichen Laufbahn war die Teilnahme an der Aerobic-Welle, die in den 1980er Jahren auch nach Deutschland schwappte.

Ludwig wurde sogar ins "Aktuelle Sportstudio" eingeladen, wo sie Sportreporter-Legende Harry Valerien kennenlernte. Für diesen Auftritt trug sie ein auffälliges türkisfarbenes Trikot, das offenbar bleibenden Eindruck hinterließ. Angebote, in einem Fitnessstudio zu arbeiten, lehnte sie jedoch ab – ihre Heimat blieb immer der Verein.

"Ich bin im Verein groß geworden und im Verein will ich auch alt werden", so ihre feste Überzeugung.

Mit der Zeit spezialisierte sich Ludwig immer mehr auf den Jazztanz

und nahm sogar an der Welt-Gymnaestrada in Zürich teil. Hier führte sie beeindruckende Choreografien auf, die ihr Publikum begeisterten. Neben dem Training ihrer eigenen Gruppen gab sie auch Kurse an der Universität Mannheim und schuf ein umfassendes Angebot für Turnerinnen und Turner.

Trotz der vielen Stunden, die sie in Vereinsarbeit investierte, empfand sie diese nie als Last.

"Ich habe es einfach gemacht, ohne nach Überstunden zu fragen", erinnert sich Ludwig.

Der Verein wusste ihre Leistungen zu schätzen, und 1989 wurde sie schließlich als Vereinssportlehrerin eingestellt. Dies sah sie als Anerkennung für ihre unermüdliche Arbeit.

Ingeborg Ludwig mit ihrer Gruppe auf der Seebühne. Foto: Privat

Auftritte bei der Bundesgartenschau

Besonders stolz ist Ludwig auf ihre vielen Auftritte, etwa auf der Seebühne während der Bundesgartenschau 1975 in Mannheim oder bei verschiedenen Gala-Veranstaltungen.

Ihre Choreografien waren immer etwas Besonderes – ob mit Baumstämmen, Backsteinen oder akrobatischen Elementen. Diese Kreativität und ihr Engagement machten sie zu einer beliebten und geschätzten Trainerin.

Neben der Arbeit im Verein erhielt Ludwig zahlreiche Ehrungen. Sie wurde mit der goldenen Verdienstplakette des Badischen Turnerbundes und Ehrennadeln des Deutschen Turner-Bundes ausgezeichnet. Auch die Stadt Mannheim ehrte sie mehrfach für ihre sportlichen Leistungen.

Einen interessanten Artikel zu Ehrungen & Auszeichnung findet ihr unter der Rubik Historisches in dieser Sprossenwand-Ausgabe.

 Ehrungen & Auszeichnungen

Nach 40 Jahren als Frauenwartin des TSV Mannheim und unzähligen Lehrgängen und Veranstaltungen beschloss Ludwig 2019, sich aus ihrer hauptamtlichen Tätigkeit zurückzuziehen. "40 Jahre sind viel", sagt sie rückblickend, aber sie schaut mit Stolz auf die Zeit im Verein zurück. Mit ihren über 80 Jahren leitet sie noch mehrmals die Woche ehrenamtlich mehrere Gruppen: BBP, Body-Styling und allgemeine Gymnastik. Ihr Leben und ihre Leidenschaft gehörten immer dem Sport und dem Verein – und dieser Einsatz hat Generationen von Sportlerinnen und Sportlern geprägt.

AUSGABE        Ehrenamt 05-2024Einblicke | Ein Leben für den Sport
AUTOREN        Lothar Wieser und Nils B. Bohl